48 Tage vor ihrem ersten EM-Gruppenspiel gegen die Niederlande hat sich die deutsche Nationalmannschaft durch ein historisches Debakel und die mit Abstand schlechteste Leistung in der Amtszeit von Teamchef Rudi Völler zur Lachnummer gemacht. Bei den nicht für die EM qualifizierten Rumänen blamierte sich die die Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) mit 1:5 (0:4) bis auf die Knochen und erlitt nach zuvor zwei Siegen im EM-Jahr (2:1 in Kroatien und 3:0 gegen Belgien) ihre höchste Pleite seit der 1:5-Heimpleite im September 2001 in München gegen England.
Mihaita Plesan (21.), Razvan Rat (23.) und Ion Danciulescu mit einem Doppelschlag (35./43.) sorgten im letzten Länderspiel des Vizeweltmeisters vor der Bekanntgabe des Kaders für die EM in Portugal (12. Juni bis 4. Juli) bereits zur Halbzeit für ein Debakel für die in katastraophaler Verfassung auftretenden Gäste: Denn zuletzt hatte eine deutsche A-Nationalmannschaft vor 91 Jahren am 23. November 1913 beim 2:6 in Antwerpen gegen Belgien nach 45 Minuten ebenfalls mit 0:4 zurückgelegen. Nach Gabriel Caramarins 5:0 (84.) erzielte der Stuttgarter Philipp Lahm (88.) wenigstens den Ehrentreffer für Völlers Team.
"Wir sind hoffnungslos unterlegen, das war eine Lektion", meinte Franz Beckenbauer bereits in der Halbzeitpause im ZDF und kritisierte sogar Völler: "Wir haben das sicher etwas ein bisschen unterschätzt. Die Aufstellung war nicht ideal, die zwei Abwehrspieler sind eigentlich Mittelfeldspieler. Da hätte man eine Absicherung einbauen müssen. Aber das wird dem Rudi sicher nicht passieren."
Doch Völler, der neben Christian Wörns auch kurzfristig die etatmäßigen Verteidiger Frank Baumann und Jens Nowotny wegen Verletzungen im Abschlusstraining ersetzen musste, vertraute auch nach der Pause weiterhin dem Leverkusener Carsten Ramelow und dem Münchner Jens Jeremies in der Innenverteidigung. Für den angeschlagenen Keeper Oliver Kahn, der bei den ersten vier Gegentoren machtlos war, kam dagegen zur Pause Timo Hildebrand. Kahn verfolgte die Partie zunächst im Bus und kehrte erst 20 Minuten vor dem Ende mit grimmiger Miene an den Spielfeldrand zurück.
Die deutsche Mannschaft kam im ersten Durchgang nur zu zwei gefährliche Situationen durch Kevin Kuranyi (12. und 31.). "Wir haben so viel erfahrene Spieler, dass uns solch ein Debakel nicht passieren darf", meinte Völlers Assistent Michael Skibbe in der Halbzeit: "Ich hoffe, dass die Mannschaft nun die Reaktion zeigt, die notwendig ist." Die Hoffnung blieb jedoch unerfüllt.
Hildebrand war erst kurzfristig für den verletzten Jens Lehmann (Arsenal London) nachnominiert worden und erst um zweieinhalb Stunden vor dem Anpfiff in der rumänischen Hauptstadt gelandet. Der Stuttgarter wurde mit seinem ersten Länderspiel-Einsatz zum 24. Neuling der "Ära Völler" und zum 827. Nationalspieler in der Geschichte des DFB.
Doch auch der 25-Jährige sah sich im zweiten Durchgang zahlreichen Angriffen der Gastgeber ausgesetzt. Die Rumänen führten die konfuse DFB-Auswahl auf dem stumpfen Rasen des Rapid-Stadions vor 14.000 Zuschauern weiter teilweise vor. In der 57. Minute rutschte Niculai Dica nach einer Hereingabe freistehend nur knapp am Ball vorbei, fünf Minuten später lenkte Hildebrand einen Schuss des gleichen Spielers an den Pfosten.