Die Kapitänin bleibt an Bord, gibt jedoch das Ruder ab: Birgit Prinz hat die quälende Debatte um ihre Person endlich beendet und die deutschen Fußballerinnen rechtzeitig vor dem WM-Viertelfinale gegen Japan am Samstag in Wolfsburg (20.45 Uhr/ZDF) wieder in ruhigeres Fahrwasser geführt. Die Rekord-Nationalspielerin verwarf erste Rücktritts-Gedanken und will sich zum Wohl des Teams am Ende ihrer Karriere in die Reservistenrolle fügen.
"Meine Idee war immer der Teamsport. Ich wünsche mir natürlich, nochmal zu spielen. Wenn nicht, werde ich mich damit aber arrangieren. Dann werde ich andere Eigenschaften einbringen, um der Mannschaft zu helfen", sagte die dreimalige Weltfußballerin, die sich am Donnerstag erstmals nach der Kritik der vergangenen Tage über ihre neue Rolle innnerhalb der Mannsachaft geäußert hat.
Dabei gestand Prinz ein, dass sie nach ihrer Auswechslung im zweiten WM-Spiel gegen Nigeria (1:0) kurzzeitig an einen Rücktritt gedacht hatte. "In der ersten Emotion habe ich gedacht: Was soll das? Warum tue ich mir das überhaupt an? Das war aber nur am Anfang da", sagte die 33-Jährige, die ihre Laufbahn im deutschen Trikot nach der Endrunde beenden wird.
Nachdem Prinz aufgrund ihres angegriffenen Nervenkostüms vor dem letzten Vorrundenspiel gegen Frankreich (4:2) selbst um ihre Versetzung auf die Reservebank gebeten hatte, will sie nun wieder angreifen. "Ich habe das Gefühl, dass ich meine PS wieder auf die Straße bringe. Ich bin definitiv in der Lage, zu spielen", sagte die Angreiferin, die gegen Japan allerdings selbst nicht an einen Einsatz von Beginn an glaubt: "Ich denke nicht, dass ich von Anfang an spielen werde. Es gibt keinen Grund, in der Offensive etwas zu ändern."
Auch ohne ihre Spielführerin gehen die Titelverteidigerinnen, die sich über den Zuspruch der eigens nach Wolfsburg gereisten Bundeskanzlerin Angela Merkel freuen durften, mit neuem Selbstvertrauen in die K.o-Runde. "Die Stimmung ist gut", sagte Torhüterin Nadine Angerer, die wie ihre Teamkolleginnen den etwas holprigen Start in die Endrunde mittlerweile hinter sich glassen hat.
Selbstzufriedenheit soll sich im deutschen Lager aber nicht einschleichen. "Wir dürfen nicht leichtsinnig werden und denken, es geht locker und leicht", sagte Angerer. So sieht es auch die gegen Frankreich überragende Inka Grings: "Wir haben noch nichts gewonnen." Die Bundesliga-Rekordtorjägerin, die Prinz aus der Startformation verdrängt hat, warnt vor den Japanerinnen. "Es wird ganz sicher ein intensives Spiel", erklärte Grings: "Wir sollten uns auf unsere eigene Stärke konzentrieren - und die liegt in der Offensive."
Zur Offensivabteilung gehörte gegen Frankreich auch Fatmire Bajramaj. Die 23-Jährige ersetzte die angeschlagene Melanie Behringer (Bänderdehnung) und hofft nun auf einen erneuten Einsatz. Als "aufsteigend" beschrieb Bundestrainerin Silvia Neid die Formkurve des deutschen Werbestars, der gute Erinnerungen an die Asiatinnen hat.
Beim bisher letzten Pflichtspiel gegen Japan bei den Olympischen Spielen 2008 in Peking sicherte die damals eingewechselte Bajramaj den Deutschen mit zwei Treffern den 2:0-Sieg im Kampf um die Bronzemedaille. Auf den Lorbeeren will sich die gebürtige Kosovarin aber nicht ausruhen. "Das zählt jetzt nicht mehr. Sie haben sich weiterentwickelt - und wir auch", sagte Bajramaj: "Japan ist auf jeden Fall stärker als Frankreich."
Für diese These spricht das Ergebnis beim bisher letzten Aufeinandertreffen in der Vorbereitung auf die zurückliegende EM. Im Juli 2009 kam die deutsche Mannschaft nach zuvor sieben Siegen in sieben Spielen nicht über ein 0:0 gegen Japan hinaus. Nicht zuletzt deshalb hebt Neid den Zeigefinger: "Wir können das Viertelfinale mit Selbstbewusstsein angehen. Aber Japan ist ein sehr starker Gegner - und das wird ein ganz neues Spiel."
Ob Neids Team auch ein neues Gesicht bekommt, ist offen. Nicht nur die einsatzbereite Behringer und Bajramaj streiten sich um einen Platz. Auch die wieder genesene Außenverteidigerin Linda Bresonik, die gegen Frankreich wegen Magen-Darm-Problemen nicht zum Einsatz kam, wurde gut von Bianca Schmidt vertreten. Im defensiven Mittelfeld wird Neid wohl wieder auf Simone Laudehr und Kim Kulig vertrauen, obwohl beide von einer Gelbsperre bedroht sind.