Den 11. November 2016 wird Manfredas Ruzgis nie vergessen. Es war der erste und einzige Länderspieleinsatz für den litauischen Stürmer des Oberligisten TuS Erndtebrück. „Ich weiß es noch ganz genau“, sagt der 23-Jährige im Gespräch mit RevierSport und holt aus: „Ich hatte zwei, drei Mal für die U21 gespielt, dann war der Länderspielzirkel eigentlich vorbei. Ich bekam aber eine Nachricht, dass ich nochmal nominiert wurde. Ich fragte mich wieso? An die A-Nationalmannschaft hatte ich nicht geglaubt, da musste schon der Nationaltrainer (Edgaras Jankauskas; d. Red.) anrufen."
Der damals 19-Jährige war für das WM-Qualifikationsspiel gegen die Slowakei nominiert worden und wurde beim Stand von 0:4 sogar kurz vor Ende eingewechselt. „Das hat mir die Sprache verschlagen. Ich habe die Leute da ganz anders gesehen. Das war eine ganz große Erfahrung.“
Ruzgis' lange Leidenszeit
Zu diesem Zeitpunkt hatte der gebürtige Deutsche und Sohn einer litauischen Familie bereits seinen ersten Kreuzbandriss hinter sich. Nach einer Saison bei der U19 des SC Paderborn ging er für die Zweitvertretung des 1. FC Köln in der Regionalliga West auf Torejagd. Doch ehe er seine Topform erreichen konnte, folgte der nächste Rückschlag. Wieder riss sich der Stürmer das Kreuzband und eine lange Leidenszeit begann.
„Die Kreuzbandrisse, ein Meniskusriss, das Innenband und dann folgten noch Krankenhauskeime. Ich hatte insgesamt acht Operationen im linken Knie, hatte quasi drei Jahre keinen Rhythmus", erklärt Ruzgis. Der große Stürmer entschloss sich zu einem Wechsel in die Oberliga.
„Ich hatte Interessenten aus der Regionalliga, aber ich wollte nach Erndtebrück, zu meinem Heimatverein", erinnert sich Ruzgis. Hier spielte er acht Jahre in der Jugend, ehe er über Siegen beim SC Paderborn landete. Der Kontakt zu Erndtebrück riss allerdings nicht ab: „Dirk Beitzel (1. Vorsitzender; d. Red.) sagte damals, wenn was ist, ruf mich an. Das wollte ich nutzen.“
Über Erndtebrück zurück zur Nationalmannschaft?
Beim TuS Erndtebrück hat Ruzgis nun wieder zu alter Form gefunden. Ehe das Coronavirus den Spielbetrieb lahm legte, stand er bei neun Saisontoren in 19 Spielen. „Ich spüre das Vertrauen von den Mitspielern und dem Trainer und genieße die Spielpraxis. Ich habe meine Ernährung und Einstellung angepasst, auch im Training, das kommt mir zugute", betont Ruzgis.
Obwohl sich der TuS Erndtebrück mitten im Abstiegskampf befindet, hat er seinen Vertrag verlängert. „Der Abstiegskampf war mir bewusst, das ist Dankbarkeit, das man mich blind verpflichtet hat, mir Spielpraixs geben hat und mir Vertrauen schenkt. Ich hoffe, dass ich das bisher zurückgeben konnte“, sagt Ruzgis.
Seinen Traum von der Nationalmannschaft hat er allerdings nicht aufgeben: „Erndtebrück weiß über meine Pläne Bescheid, wenn sich beispielsweise ein Regionalligist meldet, würde man mir keine Steine in den Weg legen.“ Denn zu dem ersten Länderspieleinsatz vom 11. November 2016 soll noch mindestens einer dazu kommen: „Weil es etwas ganz Besonderes ist. Jeder Fußballer, der höhere Ziele hat, träumt davon. Ich will das machen, was ich am meisten liebe. Ich gebe die Hoffnung niemals auf, jeder, der mich kennt, weiß, wie ehrgeizig ich bin.“