In der Haut von Saulo Decarli wollte an diesem Abend wohl niemand stecken. Das entscheidende 0:1 hatte der Innenverteidiger des VfL Bochum mit einem schlimmen Fehlpass eingeleitet. Unmittelbar nach der Szene ging er fassungslos in die Knie, völlig aufgelöst wollte der 28-jährige Innenverteidiger nach dem Schlusspfiff in die Kabine eilen. Doch seine Mitspieler und vor allem die Anhänger des VfL Bochum bauten ihn auf.
Anstatt den - in dieser Saison schon oft kritisierten - Decarli für seinen Fehler als Sündenbock verantwortlich zu machen, hallten lautstarke „Decarli, Decarli“-Sprechchöre von den Rängen in Richtung des Abwehrspielers. Keine Entfremdung vom Team, sondern demonstrative Geschlossenheit - ein bemerkenswertes und wichtiges Zeichen im Abstiegskampf, das Hoffnung für die kommenden zwei Schlüsselspiele bei Dynamo Dresden und gegen den SV Sandhausen gibt. Denn auch die Leistung der Mannschaft wurde honoriert. Die Fans riefen nach dem Spiel: „Ihr habt gekämpft, wir hams gesehn.“
Bochum-Trend zum ersten Mal wirklich positiv
Neben der starken Fan-Unterstützung scheint der VfL auch sportlich die richtigen Schlüsse aus dem erschütternden Jahresauftakt bei Arminia Bielefeld gezogen zu haben. Auch wenn man das schon oft in dieser Saison gedacht hat und danach regelmäßig enttäuscht wurde, scheint der Bochum-Trend zum ersten Mal in dieser Saison stabil zu sein. Gegen den HSV, beim SV Wehen Wiesbaden und nun auch gegen den VfB Stuttgart zeigte die VfL-Mannschaft Herz, Biss und Leidenschaft - diese Grundtugenden hatte sie in manchen Spielen zuvor vermissen lassen.
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Und auch das defensive Gesamtverhalten der Mannschaft hat sich verbessert. Es wird auf allen Positionen aktuell intensiver und fokussierter nach hinten gearbeitet. Auch die Hereinnahme von Maxim Leitsch nach langer Verletzungspause erweist sich immer mehr als Glücksfall und sorgt für zusätzliche Stabilität.
Decarli muss jetzt sinnbildlich für die gesamte Mannschaft und den gesamten Verein handeln: Er sollte nicht weiter an seinen Fehler denken, sondern an die Reaktion der eigenen Anhänger. Denn nur mit dieser Sichtweise kann die Herausforderung Dresden bewerkstelligt werden.