Der letzte Moment dieses verrückten Spiels gehörte Schiedsrichter Tom Bauer, der so oft an diesem Sonntagnachmittag im Mittelpunkt stand. „Nach Ansicht der Videobilder lag keine strafbare Abseitsstellung“, sagte Bauer und pfiff das Spiel sofort ab. Die Spieler des FC Schalke 04 stürmten kreuz und quer über den Platz, weil dies den 3:3 (1:2)-Ausgleich durch Moussa Sylla im Spiel bei der SpVgg Greuther Fürth bedeutete.
Fast alles war an diesem Sonntagnachmittag für die Königsblauen zuvor schiefgegangen. Mit diesem Happy End nach vielen strittigen Szenen hatte niemand mehr gerechnet. Es war die erste Halbzeit, die vor 16.126 Zuschauern so viele Aufreger bot wie sonst fünf Spiele zusammen. Erst nach 54 Minuten war sie beendet. Die Zuschauer erlebten zwei Eingriffe des Video-Assistenten, einen zu Unrecht ausgebliebenen Eingriff, drei Tore und eine schwere Verletzung.
Der Reihe nach: Schalke spielte mit einer veränderten Strategie, in der Innenverteidigung einer Dreierkette ersetzte Felipe Sanchez den gesperrten Marcin Kaminski. Schalke begann gegen überraschte Fürther gut. Christopher Antwi-Adjei traf das Außennetz (2.), in der neunten Minute gelang Kapitän Kenan Karaman ein Zaubertor zur 1:0-Führung. Karaman hatte einen zu kurz geratenen Rückpass des Fürthers Robert Massimo erwischt und aus spitzem Winkel ins Tor geschlenzt.
Im Gegenzug nahm das Schalker Unheil seinen Lauf, und es hörte bis zum sehr verspäteten Pausenpfiff nicht mehr auf. Nach einer Flanke von Jomaine Consbruch eilte Massimo den Schalkern Mehmet Can Aydin und Adrian Gantenbein davon und glich per Flugkopfball zum 1:1 aus. Schiedsrichter Bauer entschied zunächst auf Abseits, nach vierminütiger Video-Prüfung korrigierte er diese Entscheidung. Fürth jubelte.
Die Fürther nutzten den Schwung des Ausgleichs zu einem Powerplay gegen nun indisponierte Schalker. Felix Klaus scheiterte an S04-Torwart Loris Karius (16.), Luca Itter köpfte den Ball an den Torpfosten (23.). Zwei Minuten später sank Simon Asta im Schalker Strafraum zu Boden, als wäre er übel erwischt worden. Dabei hatte S04-Dirigent Paul Seguin maximal die Spitze seines Fußballschuhs getroffen. Schiedsrichter Bauer pfiff Elfmeter, viel zu hart. Der Video-Assistent griff nicht ein. Dennis Srbeny scheiterte zweimal am hervorragend reagierenden Karius, Consbruch staubte dann zum 2:1 ab. Karius protestierte vehement, da er das Gefühl hatte, er hätte den Ball sicher in seinen Händen gehalten, bevor Consbruch schoss. Bauer eilte wieder zum Bildschirm, sagte dann via Stadion-Mikrofon: „Es liegt kein Foulspiel vor.“ Fürth jubelte über die 2:1-Führung, Karius konnte es nicht glauben.
Es entwickelte sich ein vogelwildes Spiel mit vielen Zweikämpfen, teilweise zu hart (Schalkes Ron Schallenberg sah Gelb/44.). Als die Fans auf den Pausenpfiff warteten, blieb S04-Torwart Karius im Rasen hängen und zog sich eine Wadenverletzung zu. Karius musste nur vor der Pause raus, Justin Heekeren ersetzte ihn. Danach passierte bis zum Ende der Halbzeit nichts mehr - die ruhigste Phase des Spiels.
Nach 15 Minuten Pause blieb die Stimmung auf dem Rasen und den Rängen zunächst aufgeheizt. In der 49. Minute gelang Pape Meissa Ba der vermeintliche Ausgleich, Bauer aber entschied zurecht auf Abseits. Vier Minuten später gab es eine Rudelbildung im Fürther Strafraum, SpVgg-Torwart Nahuel Noll und S04-Kapitän Karaman sahen Gelb. Nur eine Minute später kombinierte sich Fürth zum ersten Mal nach der Pause durch die Schalker Deckung. Srbeny nahm einen Pass von Massimo auf, sprintete Felipe Sanchez davon und drosch den Ball zum 3:1 ins Schalker Tor.
Ein Zwei-Tore-Rückstand 36 Minuten vor dem Abpfiff lässt sich normalerweise noch locker aufholen, Trainer van Wonderen brachte den genesenen Torjäger Moussa Sylla, der für neuen offensiven Schwung sorgen sollte. Das Spiel aber war, so schien es, zu diesem Zeitpunkt entschieden. Den Schalkern fehlten zunächst das Aufbäumen und die Qualität im Spiel nach vorn, um dem Spiel noch einmal eine Wende zu bringen. Auch zahlreiche Standardsituationen brachten nicht den gewünschten Erfolg.
Deshalb waren die Fürther zunächst dem vierten Tor deutlich näher als die Schalker dem zweiten, immer wieder kamen sie zu gefährlichen Kontern. Die beste Chance ließ Felix Klaus in der 79. Minute liegen. Er schoss den Ball freistehend nur wenige Zentimeter am linken Pfosten vorbei.
Die Schalker hatten erst in der 84. Minute ihren ersten Geistesblitz. Nach einem Doppelpass der beiden eingewechselten Spieler Aymane Barkok und Amin Younes schoss Ex-Nationalspieler Younes den Ball zum 2:3 ins Tor (84.). Es folgten wütende Schalker Angriffe und in der fünften Minute der Nachspielzeit der Schlussakkord. Karaman flankte, Sylla grätschte, 3:3.