Am Morgen danach regierte an der Elbe beißender Spott, der Hamburger Boulevard teilte mächtig aus. "Wollt ihr denn nicht aufsteigen?", fragte die Morgenpost in riesigen Lettern. Die Bild-Zeitung ging noch einen Schritt weiter und titelte: "Dann bleibt doch in der 2. Liga!"
"Lächerlich", "Peinlich" und "Erbärmlich" sei der Auftritt des Hamburger SV bei der 1:2-Heimpleite gegen den 1. FC Magdeburg gewesen: "Dieser HSV ist nur noch eine Lachnummer." Fest steht: Der Aufstieg ist ernsthaft in Gefahr. Am kommenden Montag geht es zum souveränen Spitzenreiter 1. FC Köln, das folgende Auswärtsspiel ist dann beim momentan Dritten Union Berlin.
"Ich bin der Letzte, der hier den Optimismus verliert", sagte Hannes Wolf. Der Trainer wirkte nach dem nächsten Last-Minute-Knockout durch Philip Türpitz (90.+4) schwer angeschlagen. Schon gegen Darmstadt 98 hatte sein Team vor eigenem Publikum geführt (2:0) und dann durch einen Treffer in der Nachspielzeit eine Heim-Niederlage kassiert. "Natürlich tut das weh – auch mir", sagte Wolf kleinlaut.
Vor Weihnachten noch gefeierter Herbstmeister, im DFB-Pokal als Halbfinalist zuletzt auf Wolke sieben, ist das Polster auf den Relegationsplatz nach einer Reihe dürftiger Leistungen auf drei Punkte geschmolzen. 14 Zähler aus 11 Rückrundenspielen ist für einen Aufstiegsaspiranten deutlich zu wenig. "Wir müssen den Arsch hochkriegen und arbeiten", appellierte Kapitän Lewis Holtby an sich und seine Kollegen: "Jeder muss sich in dieser Woche hinterfragen – jeder einzelne."
Er selbst, der am späten Montagabend als einziger Spieler öffentlich sprechen durfte, hat gut reden: Holtby wird erstmal nicht dabei sein, er fehlt in Köln wegen seiner nach eigenem Bekunden "unnötigen" fünften Gelben Karte wegen Trikotziehens.
Kriegt der HSV nicht schleunigst die Kurve, wird es nichts mit der fest eingeplanten Bundesliga-Rückkehr. Das schwant inzwischen auch den Entscheidungsträgern. Wolf marschierte am Montagabend unmittelbar nach dem Schlusspfiff schnurstracks in die Kabine, um seinem hoch bezahlten Personal die Leviten zu lesen. "Jeder ist sauer", sagte Holtby hinterher. Es sei nicht der Moment, "in dem wir da drinnen die Musik anmachen und feiern. Das ist wichtig, dass man dann auch klare Worte findet."
Klare Worte hat es im Volkspark schon viele gegeben. Und von unterschiedlichsten Trainern. Vor dem bevorstehenden Saison-Endspurt wird es wichtig sein, die richtigen zu finden. "Es ist meine klare Aufgabe, hier jeden Morgen hinzukommen und auf das kommende Spiel hinzuarbeiten. Dass das in den großen Spielen geht, haben wir schon ein paar Mal gezeigt", sagte Wolf. Wirklich überzeugend klang er dabei nicht. sid