Pierre-Michel Lasogga marschierte wie ein Gladiator durch die dunklen Katakomben des Millerntorstadions. Als der Derbyheld die Kabine des Hamburger SV erreichte, regnete es Konfetti und Bier, seine Kollegen feierten den wild tanzenden Torjäger mit Sprechchören. Die HSV-Party auf dem Kiez war in vollem Gange. Zuvor hatte Lasogga noch einen wahren Interview-Marathon hinter sich gebracht, zahlreiche Kameras und Mikrofone waren auf ihn gerichtet, nahezu jede Person in den Katakomben wollte mit Lasogga sprechen.
Lasogga, nach dem 4:0 (1:0)-Sieg beim großen Stadtrivalen vom Boulevard zum "König von St. Pauli" (Hamburger Morgenpost) ernannt, ist im Aufstiegsrennen mit 12 Toren in 19 Spielen die Lebensversicherung des HSV. Seine Zukunft ab dem Sommer ist allerdings völlig offen, der Vertrag läuft aus. Die Zeichen stehen schon länger auf Trennung. Doch das war dem 27 Jahre alten Topverdiener in den Stunden nach dem Prestigeerfolg egal.
Lasogga zu seiner Gefühlslage: "Es war einfach geil. Ich hatte viele schöne Tage im HSV-Trikot. Heute war ein besonders schöner." Lasogga, wie er schon als Hauptprotagonist seiner eigenen Bild-Soap bewiesen hatte, trägt sein Herz auf der Zunge: "Es ist kaum in Worte zu fassen. Wir haben endlich wieder unser wahres Gesicht gezeigt."
Nach einem wenig berauschenden Start ins Jahr 2019 mit Rückschlägen und besorgniserregenden Auftritten war das Signal des HSV im so bedeutsamen Derby richtig stark, der erste Derbysieg seit 17 Jahren brachte Rang zwei und sieben Punkte Vorsprung auf den Vierten St. Pauli. "So ein Erlebnis tut auf dem Weg natürlich gut", sagte Trainer Hannes Wolf - das Ziel direkter Wiederaufstieg hat er klar im Blick.
Wie wichtig die "Maschine" Lasogga dabei für den ganzen Klub ist, zeigte sich auf St. Pauli nicht allein bei seinen beiden Toren. Lasogga bewies sich auch als emotionaler Leader, der nach dem 1:0 rund 100 Meter über den ganzen Platz zum HSV-Block stürmte. "In unter neun Sekunden", wie er schmunzelnd anmerkte.
Längst ist Lasogga wieder zu einem Publikumsliebling der "Rothosen" aufgestiegen, dabei war er schon weg, ausgeliehen an Leeds United aus der zweiten englischen Liga. Doch jetzt braucht der HSV den Sturmtank mehr denn je. Das gigantische Gehalt von über drei Millionen Euro ist letztlich gut angelegt, wenn der heillos überschuldete Traditionsklub den wirtschaftlich alternativlosen Aufstieg schafft.
Ob es dann eine Fortsetzung der On-Off-Beziehung zwischen Lasogga und dem HSV gibt, ist noch nicht absehbar. Der Klub muss sparen, beim Gehalt müsste der Angreifer deutliche Einschnitte hinnehmen. Nach dem Derby ist es allerdings schwer vorstellbar, dass sich die Wege trennen. Christian Hoch mit sid