Trainer und Spieler von Holstein Kiel sind sich nicht einig über die Zielsetzung in dieser Saison. Nach der 0:2-Niederlage gegen den 1. FC Union Berlin sah Trainer Tim Walter keinen Grund zur Betrübnis. «Wir haben nie von Aufstieg geredet. Uns geht es nur darum, dass wir uns weiterentwickeln», meinte der Coach des Fußball-Zweitligisten und pflegte vornehmes Understatement, wie es ansonsten nur in feinen hanseatischen Kreisen üblich ist. Der Rückstand auf den Relegationsrang beträgt derzeit fünf Punkte. «Danach schaue ich nicht», sagte Walter.
Für seine Profis stellt sich die Lage anders dar. «Wir gucken immer noch, dass wir jedes Spiel gewinnen. Am Ende kann es noch für Platz drei reichen», meinte Stürmer Janni Serra. Das wäre eine Wiederholung der Vorjahresergebnisses und hieße erneut Relegation gegen den Bundesliga-16. um den Aufstieg ins Oberhaus. Damals unterlagen die Schleswig-Holsteiner dem VfL Wolfsburg. In diesem Jahr, so die Hoffnung Serras, könnte es ja anders ausgehen. Sich nur weiterzuentwickeln, das ist dem 20 Jahre alten Stürmer zu wenig.
«Wir haben noch zehn Spiele. Davon wollen wir noch viele gewinnen», meinte Alexander Mühling, der die Kieler Angriffe gegen Union koordiniert und sich dabei selbst aussichtsreich in Szene gesetzt hatte. Bei einer Aktion kam er im Strafraum zu Fall. Trainer Walter sah das als berechtigten, aber verwehrten Elfmeter an. «Man muss sich mit den Schiedsrichter-Entscheidungen arrangieren», meinte Sportchef Fabian Wohlgemuth. «Es gibt aber Grund, einige zu hinterfragen.» Die Niederlage ist für Wohlgemuth «kein Beinbruch». «Es sind noch 30 Punkte zu verteilen. Wir bleiben zuversichtlich.»
Die Kieler mussten die Erfahrung machen, dass mit ihrer üblicherweise praktizierten Angriffswucht die beste Abwehr der 2. Liga mit nur 21 Gegentoren nicht aus den Angeln zu heben war. Die Giftigkeit der Berliner, ihre körperliche Präsenz, ihr unangenehmes Forechecking setzte die sonst so feurige Holstein-Offensive auf Sparflamme ein. Am Ende stand die zweite Heimniederlage und die erste Pleite in der siebten Rückrundenpartie. Seine Mannschaft müsse lernen, «ein bisschen abgezockter» gegen solche Gegner zu spielen, lautete Walters Lehre.
Der Coach sparte auch in der Niederlage nicht mit Lob. «Ich bin stolz auf meine Truppe, weil sie versucht, Fußball zu spielen. Das ist wichtiger als alles andere.» Die Freude der Zuschauer am Holsteiner Offensivfußball wird die zweite 0:2-Pleite gegen Union Berlin in dieser Saison nicht trüben. Sie können sich auf eine ungewohnte Atmosphäre im Holstein-Stadion freuen. Zum Spiel gegen den FC St. Pauli am 6. April soll das Provisorium Osttribüne fertig sein. Dann passen 17 000 Zuschauer in die 1911 eröffnete Spielstätte - so viele wie seit Jahrzehnten nicht. dpa