Im Wett- und Manipulationsskandal um Ex-Schiedsrichter Robert Hoyzer ist trotz zahlreicher Entscheidungen des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) weiterhin kein Ende in Sicht. Jetzt drohen dem DFB sogar Schadenersatzforderungen in Millionenhöhe. "Bei uns werden es sicher mehr als die zwei Millionen Euro, die der DFB dem Hamburger SV als Ausgleichszahlung für das verschobene Pokalspiel in Paderborn zukommen lässt. Sollte Fürth am Saisonende auf Grund der Niederlage gegen Duisburg nicht aufsteigen, reden wir von einer Summe zwischen 12 und 15 Millionen Euro, die dem Verein durch einen bestochenen Schiedsrichter verloren gegangen sind", sagte Fürths Anwalt Horst Kletke dem Sport-Informations-Dienst (sid).
Hilpert nicht beunruhigt
DFB-Chefankläger Horst Hilpert, der den Wettskandal zwei Wochen vor dem außerordentlichen Bundestag in Mainz am 28. April dagegen für so gut wie bewältigt hält, sieht den möglichen Forderungen der Zweitliga-Klubs allerdings gelassen entgegen. Offenbar hat sich der Verband schon im Vorfeld mit diesem Thema intensiv auseinandergesetzt und gedanklich vorgebaut. "Die Teams können vor Gericht nicht nachweisen, dass sie ein eventuelles Wiederholungsspiel gewonnen hätten", sagte Hilpert dem sid.
Auch der Geschäftsführende DFB-Präsident Theo Zwanziger macht sich keine Sorgen über die angedrohten Schadenersatzforderungen. "Wir sind unserer von Anfang an formulierten Linie treu geblieben, nur die Spiele wiederholen zu lassen, die nachweislich manipuliert worden sind. Die Forderungen der Vereine bestätigen die Notwendigkeit, einen außerordentlichen Bundestag einzuberufen. Den Schadenersatzforderungen sehen wir mit großer Gelassenheit entgegen", erklärte Zwanziger am Donnerstag.
Zuvor war das DFB-Bundesgericht am Mittwoch wie bereits bei den Fällen St. Pauli gegen Osnabrück und Ahlen gegen Burghausen dem erstinstanzlichen Urteil des Sportgerichts gefolgt. Der vorsitzende Richter Georg Adolf Schnarr, der dem überraschend in der DFB-Zentrale erschienenden Kronzeugen Hoyzer bei dessen Vernehmung absolutes Vertrauen schenkte, erkannte beim Spiel Duisburg-Fürth (1:0) keinerlei Regelverstöße seitens des Skandal-Schiedsrichters, auch wenn dieser vor der Partie 5000 Euro für einen Sieg Duisburgs von den "kroatischen Wettganoven" (Schnarr) versprochen bekommen und nach dem Spiel auch erhalten hatte.
Nach Ansicht der vom Skandal betroffenen Zweitligisten, die zuvor bereits eine Aufhebung der Abstiegsregelung gefordert hatten, müssten aus Fairness-Gründen zumindest alle Spiele, die mit dem Wettskandal im Zusammenhang stehen, neu angesetzt werden. "Ich bin vom DFB tief enttäuscht. Es ist traurig, dass es im deutschen Fußball vor der WM 2006 offenbar um andere Dinge geht, als den Skandal aufzuklären. Man hat sich beim DFB nur mit fünf Prozent des Themas beschäftigt, wenn insgesamt nur zwei der mit einem tonnenschweren Makel belasteten Spiele wiederholt werden", sagte Fürths Geschäftsführer Wolfgang Gräf und kündigte zudem wie zuvor LR Ahlen und Regionalligist St. Pauli den Gang vor das Schiedsgericht an.
Wut über die Rechtsprechung des Verbandes regt sich auch bei Fürths abstiegsbedrohtem Ligakonkurrenten Ahlen. Die für den 27. April angesetze Neuauflage der Partie gegen Wacker Burghausen (1:0) muss auf Grund des angestrebten Gangs vor das Schiedsgericht nach Ansicht von Ahlens Manager Frank Aehlig ohnehin verlegt werden. "Hier wird doch das Opfer zum Täter gemacht. Die Entscheidungen des DFB scheinen mir von dem politischen Willen getragen zu sein, den ganzen Skandal so klein wie möglich zu kochen", meinte Aehlig.
DFL kritisiert "taktische Spielchen"
Mit Unverständnis reagierte am Donnerstag die Deutsche Fußball Liga (DFL) auf die Prozesswut der Klubs und appellierte an die Vernunft der Vereine. "Aus meiner Sicht ist es sehr fragwürdig, wenn man weiter prozessiert und weiter zuwartet. Das sind taktische Spielchen und widerspricht dem Solidaritätsgedanken und letztlich auch der Treuepflicht der Mitglieder des Ligaverbandes, die alles tun müssen, dass der Spielbetrieb möglichst frei bleibt von Wettbewerbsverzerrungen", erklärte Thomas Summerer, der Chef der DFL-Rechtsabteilung, dem kicker.