Günter "Oskar" Siebert ist nicht nur Spieler, Manager und Präsident des FC Schalke 04 gewesen, er war auch einer der schillerndsten und umstrittensten Persönlichkeiten beim Traditionsverein. Heute feiert der ehemalige Stürmer seinen 75. Geburtstag. Mittlerweile lebt Siebert auf Gran Canaria, wo er ein Tanzlokal betreibt. Noch immer ist er täglich beruflich im Einsatz und verfolgt von seinem Domizil aus das Schalker Geschehen. Vom königsblauen Virus ist er nach wie vor befallen und auch zur Entlassung von Trainer Ralf Rangnick hat Siebert eine klare Meinung.
Assauer für Siebert im Recht
Der Altpräsident verfolgt alles um "seinen" Verein bei Premiere oder Sat.1. "Bei jedem Spiel kriege ich heute noch Herzklopfen. Ich bin eben ein Schalker und werde immer einer bleiben. Es ist ein Verein wie ein Gemälde, was von Generation zu Generation im Wohnzimmer weitergereicht wird", sagt "Oskar". Die doppelte "Ehrenrunde" von Trainer Ralf Rangnick empfand er als "Provokation" für die Vereinsführung und sieht Manager Rudi Assauer mit der vorzeitigen Beurlaubung des Coaches im Recht. "Ich verstand Rangnick hinsichtlich Taktik und Aufstellung sowieso nicht. Er hatte so großartige Stürmer und spielte nur mit einer Spitze", ereifert sich Siebert, der seit 54 Jahre Mitglied der Königsblauen ist.
Der aktuellen Mannschaft stellt er ein gutes Zeugnis aus: "Sie hat in der Champions League ordentlich gespielt. Rudi Assauer und Andreas Müller haben gute Leute verpflichtet." Siebert weiter: "Ich bewundere den Mut, den Rudi Assauer und seine Mitstreiter im Vorstand mit dem Bau der Arena AufSchalke bewiesen haben. Wenn der Rudi nicht zurückgekommen wäre, Schalke wäre platt gewesen. Ich möchte das Geschäft heute nicht mehr machen. Wenn ich die astronomischen Summen höre, um die es geht, wird mir schlecht."
Mittelstürmer, Präsident und Manager
Die Spieler-Karriere des Günter Siebert startete in einer anderen Zeitrechnung, als Schalke noch in der altehrwürdigen Glückauf-Kampfbahn antrat. Aber sein Weg war zunächst mit Schwierigkeiten verbunden. So setzte es eine Ohrfeige seiner Mutter, als der gerade 20-Jährige und somit nach damaligen Recht noch nicht Volljährige im Frühjahr 1951 erst spät in der Nacht nach Hause kam. "Aber Mutter, ich habe doch heute meinen ersten Profivertrag unterschrieben", entschuldigte sich das Talent. Siebert wurde einer der erfolgreichsten Stürmer seiner Zeit in der Oberliga West. Der Mittelstürmer erzielte in 118 Punktspielen 61 Tore. Die kurze Karriere endete 1959 wegen einer Meniskusoperation und wurde ein Jahr zuvor durch den Gewinn von Schalkes letzter von bislang sieben deutschen Meisterschaften gekrönt. Im Endspiel in Hannover besiegten die Königsblauen, trainiert von Edi Frühwirth, den Hamburger SV mit 3:0.
Als der legendäre Fritz Szepan 1964 zum Präsidenten gewählt wurde, startete "Oskar" Siebert seine zweite Karriere auf Schalke. Der 34-Jährige bekam den Schriftführer-Posten, ein Jahr später wurde er Vizepräsident und 1967 als 36-Jähriger damals jüngster Präsident eines Bundesligisten. "Oskar" führte den Klub neun Jahre. In diese Amtsperiode fielen der DFB-Pokalsieg und die deutsche Vizemeisterschaft 1972 - und der unsägliche Bundesliga-Skandal. Siebert: "Das schwärzeste Kapitel in meinem Fußballer-Leben." Der gebürtige Kasselaner wurde 1975 von Rechtsanwalt Karl-Heinz Hütsch als Vereinschef abgelöst und übernahm für kurze Zeit das Amt des Managers. Von 1978 bis 1979 folgte die zweite Amtszeit von Siebert als Präsident, und dann übernahm er von Februar 1987 bis September 1988 als Nachfolger von Hans-Joachim Fenne ein drittes Mal die Führung des Vereins.
"Ich möchte diesen Tag in Ruhe genießen"
Vom ruhigen Rentner-Dasein hält der Vater von sieben Kindern zwar nicht viel, sein Geburtstag soll aber nicht zu stressig werden. "Ich werde diesen Geburtstag erstmals nach 22 Jahren nicht auf Gran Canaria feiern, sondern mit meiner Lebensgefährtin Heide im kleinen Kreis von 20 Freunden im einem Lokal im hessischen Kronberg. Ich möchte diesen Tag in Ruhe genießen, Theater habe ich im Leben genug gehabt", sagt "Oskar". In seinem Tanzlokal im Hotel Dunamar in Playa de Ingles werden rund 250 Gäste auf sein Wohl trinken: "Jedem Mann gebe ich zwei Pils aus, jeder Frau einen Longdrink."
Sein Lebensabend genießt Siebert auf seiner Insel: "Ich schwimme allmorgendlich eine Dreiviertelstunde im Atlantik, fühle mich sauwohl und habe 1999 das Rauchen aufgegeben. Schließlich möchte ich noch ein bisschen leben."