Eine brisante Finanzlage, eine durchwachsene sportliche Ausgangsposition: Grund genug für den viel kritisierten Präsident Gerd Niebaum von Borussia Dortmund nach den Turbulenzen um die Bilanzen des Börsenklubs von den Profis "eine Trotzreaktion und ein Signal" zu fordern. Das 123. Revierderby heute (20.30 Uhr/live in der ARD) gegen den Erzrivalen Schalke 04 wird für die Schwarz-Gelben in allen Bereichen zum Wegweiser für die restlichen 16 Spiele der Saison. Coach Matthias Sammer redete bereits im Vorfeld Klartext: "Ich lasse die Diskussion um den Verein als Erklärung für die sportliche Leistung nicht gelten."
BVB will Negativserie beenden
Die Tabellensechsten aus Dortmund wissen um die positive Bedeutung des Ergebnisses für die geplante Aufholjagd und das lädierte Image, sollte nach zehn erfolglosen Duellen und exakt 1904 Tagen ausgerechnet vor den Feierlichkeiten zum 100-jährigen Bestehen des Nachbarn endlich der erste Sieg seit dem 14. November 1998 (3:0) gelingen. "Wir wollen die Serie beenden. Egal wie, wir müssen nur gewinnen, das ist ein ganz entscheidendes Spiel", sagt BVB-Manager Michael Meier.
Die Partie wird in jedem Fall Geschichte schreiben: Mit 83.000 Zuschauern - die größte Kulisse bei einem Fußballspiel in Westdeutschland - ist die Begegnung seit Wochen ausverkauft, zwei TV-Anstalten übertragen live, und selten war die Liste der prominenten Besucher länger. Neben Nationalmannschafts-Teamchef Rudi Völler und DFB-Trainer Michael Skibbe hat sich unter anderem der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Peer Steinbrück angekündigt.
Sammer: "Müssen verschenkte Punkte zurückholen"
Die Bühne ist bereitet. Die Rasenheizung läuft auf Hochtouren, riesige Ventilatoren im Westfalenstadion versorgen das Grün mit ausreichend Luft, um beste Voraussetzungen zu schaffen. "Denn wir haben trotz der vielen Verletzten in der Hinrunde viele Punkte einfach verschenkt. Die müssen wir uns zurückholen", appellierte Coach Sammer. Immerhin zehn Zähler beträgt der Rückstand auf einen Champions-League-Platz, dennoch herrscht Optimismus.
Mittelfeld-Regisseur Tomas Rosicky, dessen Abschied am Saisonende zum FC Chelsea oder einem anderen prominenten Klub im Ausland programmiert ist, tönte: "Ich habe die Champions League noch nicht abgeschrieben. Wir wollen und können das schaffen." Und auch der Brasilianer Dede, der auf der Wunschliste von Meister Bayern München steht, ist überzeugt: "Mit den Fans und Gottes Hilfe werden wir eine erfolgreiche Aufholjagd starten."
BVB setzt auf Frings und Conceicao
Die Borussen wollen mit dem genesenen Nationalspieler Torsten Frings und Flavio Conceicao im Mittelfeld sowie Guillaume Warmuz für Roman Weidenfeller zwischen den Pfosten in einem "verrückten, harten, emotionalen und aggressiven Spiel" (Rosicky) eine Serie von acht Pflichtspielen ohne Sieg beenden. Der Tabellenachte Schalke hat hingegen die letzten vier Hinrundenspiele bei drei Siegen nicht verloren.
Heynckes: "Müssen uns mental auf das Großereignis einstellen"
"Für uns ist wichtig, da weiterzumachen, wo wir vor der Winterpause aufgehört haben. Beim 2:2 im Hinspiel haben wir 70 Minuten lang das Geschehen diktiert, konnten aber mit dem Ergebnis nicht zufrieden sein", meinte Trainer Jupp Heynckes. "Die Spieler müssen sich mental auf das Großereignis einstellen. Es ist ein Fernseh-Spiel, viele Millionen Zuschauer werden vor den Bildschirmen dabei sein."
Ungeachtet der bevorstehen 90 Minuten im 63. Bundesliga-Duell (24 Siege für Dortmund, 19 für Schalke) beobachtet Schalkes Manager Rudi Assauer die wirtschaftliche Entwicklung der Schwarz-Gelben aufmerksam: "Es betrübt mich schon. Wir brauchen die Borussia als starken Partner, denn was wäre das Revierderby ohne einen starken BVB?"