Startseite » Fußball » 1. Bundesliga

Wie der BVB die Spielerhirne updatet
Höher, schneller, schlauer

BVB: Wie der BVB die Spielerhirne updatet
Borussia Dortmund
Borussia Dortmund Logo
15:30
FC Augsburg Logo
FC Augsburg
18+ | Erlaubt (Whitelist) | Suchtrisiko | Hilfe unter www.buwei.de | -w-

Sie müssen auf einem Bein stehen, jonglieren – und das mit Augenklappe. Horst Lutz unterzieht die Spieler von Borussia Dortmund bizarren Übungen.

Hier erklärt der "Dozent für körperliche Vermögensverwaltung", was das soll.

Herr Lutz, kennen Sie Erich Deuser? Ja, natürlich! Deuser war lange Jahre der Masseur der deutschen Nationalmannschaft und hat das nach ihm benannte elastische Band erfunden. Sehen Sie sich in Deusers Tradition? Ehrlich gesagt nicht. Ich arbeite ja nicht mit dem Deuser-Band, sondern stelle das Gehirn vor Aufgaben, die es bislang noch nicht bewältigen musste.

Aber Erich Deuser war auch ein Mann, der neue Leistungspotenziale auftun wollte. Wenn man es so betrachtet, haben wir durchaus etwas gemeinsam. Deuser hat experimentiert. Ist die Wissenschaft im Fußball mittlerweile über den Experimentierstatus hinausgekommen? Ich denke schon. Die Leistungsdiagnostik ist Standard geworden. Wenn man den Fußball jedoch mit anderen Sportarten vergleicht, ist noch viel Luft nach oben.

Wären Sie mit Ihrem Angebot »Life Kinetik« vor fünf Jahren in der Bundesliga auf Interesse gestoßen? Bei so innovativen Menschen wie Jürgen Klopp bestimmt. Er ist immer an Neuem interessiert. Ob er es aber vor fünf Jahren auch schon der Öffentlichkeit mitgeteilt hätte, das weiß ich nicht. Der Umschwung der öffentlichen Meinung vor und nach der WM 2006 hat sicherlich dazu beigetragen, dass meine Methoden Fuß fassen können. Zuvor gab es zum Teil starke Ressentiments gegenüber allem Neuen. Warum? Gerade die alte Trainergarde lehnt Dinge ab, die fachfremd sind und auf den ersten Blick nichts mit Fußball zu tun haben. Schon als ich vor einigen Jahren begann, Trainer-Fortbildungen für die Landesverbände zu leiten, hörte ich oft: »Stellen Sie sich mal vor, wir werfen auf dem Trainingsplatz Jonglierbälle umher und verlieren am Wochenende – dann bin ich meinen Job los.« Das waren die Ängste. Und meine Schwierigkeit. Schwitzen, Ackern, Malochen: Das sieht man auch in Dortmund am liebsten. Natürlich sind es auch die Spieler nicht gewohnt, dass etwas nicht körperlich anstrengend ist. Hinzu kommt: Die Spieler wollen die Übungen perfekt beherrschen, weil sie als Leitungssportler nun einmal sehr ehrgeizig sind. Doch das ist gar nicht das Ziel – ich möchte nur das Gehirn fordern. Hat sich schon mal ein Spieler gegen Ihre Übungen gesträubt? Jürgen Klopp sagte zu mir: »Wir haben einige dabei, die nicht so aufgeschlossen sind. Es ist jetzt an dir, die Jungs zu überzeugen.« Das hat geklappt – eine schöne Erfahrung.

Wie viel Prozent des Leistungspotenzials liegen noch brach? Das ist sehr schwer zu sagen. Ich habe bemerkt, dass in den beiden Bereichen Koordination und visueller Wahrnehmung, mit denen ich mich in erster Linie beschäftige, kein Spieler gleichermaßen gut ist. In dem Bereich, in dem er Schwächen hat, kann man ihn relativ schnell verbessern. Wir sind aber noch nicht so weit, dass wir beziffern können, inwieweit er das fußballerisch umsetzen kann. Sie sind nicht der Einzige, der mit innovativen Methoden arbeitet. Von außen betrachtet, kommen einem die Spezialisten vor wie ein Heer eifriger Wissenschaftler, die den Fußball als Forschungsobjekt entdeckt haben. Das Gefühl habe ich teilweise auch. Ich möchte lieber einen anderen Weg beschreiten und mich vom Quantitativen lösen. Wissenschaftliche Untersuchungen machen angreifbar. Es gibt keine in unserem Segment keine wissenschaftlichen Studien, die uns vollends legitimieren würden. Leider sind wir dazu gezwungen, um ernst genommen zu werden. Da ist auch einiges in Bewegung: Diplomarbeiten, Zulassungsarbeiten, Untersuchungen zur Sturzprophylaxe und zur Stressresistenz. Ich bin aber nach wie vor der Meinung: Es wird keine hundertprozentigen Belege geben, dass »Life Kinetik« immer gleich wirkt. Ich hoffe vielmehr auf den gesunden Menschenverstand: Wenn ich mehr sehe und mich besser bewegen kann, dann hat das nur Vorteile – egal in welchem Bereich.

Seite 12
Deine Reaktion zum Thema
1
2
3
4
5
1
2
3
4
5
1
2
3
4
5
Neueste Artikel