Da schlich er vom Platz, wie ein begossener Pudel. Hamit Altintop, ein Schalker Held für eine Stunde, der schließlich zur tragischen Figur wurde. "Die letzte Minute, wenn wir da ein bisschen konzentrieter sind, passiert das nicht. Da war ich sehr traurig", schluckte der 20-Jährige, der natürlich dennoch zum besten Spieler gekürt wurde.
Sein Selbstbewusstsein, wie er nach dem verschossenen Elfmeter vom vergangenen Mittwoch gegen Liberec sich gestern wieder wie selbstverständlich jeden Freistoß schnappte. Auch hier der erste Versuch deutlich in die Wolken, eine zweite "Fahrkarte" hinterher und schließlich diese beiden Tore, über die man noch lange reden wird. "Mir wäre es lieber gewesen, ich hätte kein Tor gemacht und wir hätten gewonnen", knirschte Altintop, was übersetzt "Goldener Ball" heißt.
Denn das Missgeschick, als er Dedes Schuss Amoroso genau vor die Füße abfälschte, konnte selbst der überragende Mann auf dem Platz nicht mehr wieder gut machen. "Ich mache mir immer einen Vorwurf, wenn wir nicht gewonnen haben", zog Altintop ein letztes Mal das Büßerhemd an, um dann doch mit den vielen Lobhudeleien ob seiner fantastischen Leistung irgendwie klar zu kommen. "Ich möchte konstant so gut spielen, und nicht nur ein oder zwei Mal", redete Altintop im Sinne von Rudi Assauer, der meinte: "Wenn Hamit 30 solcher Spiele macht, dann wird er ein Großer. Sein Vorteil ist, dass er noch nicht darüber nachdenkt, was er macht."
Unbekümmert, so ist auch sein Umgang mit den Journalisten, die ihn gestern wie die Bienen am Honigkorb umlagerten. "Bei 09 waren so viele Fans wie hier Reporter", grinste Altintop in die Runde, um einen Einblick in sein Innenleben zu gewähren. Denn zwischen sportlichen Ambitionen und privater Bescheidenheit liegen beim 20-Jährigen Welten. "Ich habe sehr hohe Ziele, durch das Erreichen kleiner kann man die großen erreichen", sagt Altintop, um klar zu machen: "Ich bin froh, dass ich nach Schalke gegangen bin. Wenn wir mit S04 einmal in der Champions League spielen und ein richtig großer Klub werden, dann brauche ich gar nicht mehr zu wechseln. Dann machen wir alles hier!"
Sprach's und fuhr nach dem gemeinsamen Essen mit der Mannschaft heim, zu Mutter Meryem. "Ich wollte nicht groß feiern gehen, sondern abends meiner Mama erzählen, wie der Tag gewesen ist. Die gleichen Fragen, die ihr mir stellt, fragt mich meine Mama auch", lachte Altintop. "Die Tore sind ein Geschenk an meine Familie, die dafür gesorgt hat, dass ich glücklich und gesund bin."
Nein, der Schalker Shooting-Star wird nicht gleich abheben, nur weil er ein sensationelles Bundesliga-Debüt gegeben hat. "Meine Freunde und meine Familie sorgen dafür, dass ich auf dem Teppich bleibe. Der Trainer ist wichtig, damit ich mich weiter entwickeln kann. Dafür sorgen, dass ich auf dem Teppich bleibe, kann er nicht. Dass mache ich schon selbst!"