Das 62. Derby zwischen Bayer Leverkusen und dem 1. FC Köln war für eine Vielzahl der Akteure eine Reise zurück in die Vergangenheit - mit guten, aber auch weniger schönen Erinnerung. FC-Coach Christoph Daum und sein langjähriger Assistent Roland Koch sowie Manager Michael Meier arbeiteten einst erfolgreich unterm Bayer-Kreuz, Patrick Helmes ging dagegen noch im vergangenen Jahr für Köln auf Torejagd. Bayer-Trainer Bruno Labbadia trug in seiner Karriere auch schon das Geißbock-Trikot, genauso wie Verteidiger Lukas Sinkiewicz oder Teambetreuer Hans-Peter Lehnhoff.
Dafür knetete Kultmasseur Dieter Trzolek 32 Jahre lang die Muskeln der Bayer-Kicker, ehe auch er sich in diesem Sommer auf die linke Rheinseite begab. "Eine schöne Zeit mit wunderbaren Erinnerungen", sagt Daum mit Blick auf die Spanne zwischen 1996 und 2000, in der er zweimal Vizemeister mit dem Werksklub wurde. Das Ende war dagegen weniger harmonisch, nach der Kokain-Affäre war für den Erfolgscoach das Ende mit einem Schlag besiegelt.
Erst über den Umweg Österreich, Türkei und zweiter Liga hat Daum 2008 den Weg zurück in die Bundesliga gefunden. Meier war von 1987 bis 1989 in Leverkusen tätig, heute redet der Akademiker lieber abfällig vom "Plastik-Klub", der bei allen Erfolgen nie die Beliebtheit des FC erreichen werde. Die Entscheidung von Helmes, nach Leverkusen zu gehen, basierte dagegen weniger auf Zuschauer- oder Mitgliederzahlen. Die sportliche Perspektive war schlichtweg ausschlaggebend. "Ich bin im Guten gegangen. Ich habe noch ein gutes Verhältnis zum Verein. Eine schöne Zeit, aber jetzt spiele ich für Bayer", sagt Helmes, der sich irgendwann mal eine Rückkehr vorstellen kann.
Das war vor gut zwei Jahren noch anders, als der Fall Helmes fast schon einen Kleinkrieg zwischen Köln und Leverkusen auslöste. Der damalige Zweitligist aus der Domstadt hatte verschlafen, die Klausel zur Vertragsverlängerung zu ziehen. Bayer war schnell bei der Hand und einigte sich mit dem Stürmer auf einen Wechsel. Die Kölner spukten Gift und Galle, die Fans gingen auf die Barrikaden - am ablösefreien Wechsel, wenn auch mit einjähriger Verspätung, änderte sich freilich nichts mehr. "Heute ist Helmes zehn Millionen wert", sagt Bayer-Sportchef Rudi Völler und darf sich angesichts der vorzeitigen Vertragsverlängerung bis 2013 getrost selbst auf die Schulter klopfen.
Im Sommer kam schließlich die Retourkutsche aus Köln. Daum lotste Kultmasseur Trzolek ("32 Jahre Leverkusen kann man nicht beiseite schieben") nach Köln, nebenbei wurde auch der frühere Weltmeister Paul Steiner von der Leverkusener Scouting-Abteilung abgeworben. So setzt sich der Grenzverkehr in schöner Regelmäßigkeit fort. Den Anfang hatte einst Jürgen Glowacz Anfang der 80er Jahre gemacht, später versuchten sich auch Pierre Littbarski und Toni Schumacher als Co-Trainer in Leverkusen.
Falko Götz, der 1988 mit Bayer UEFA-Cup-Sieger wurde, wählte den umgekehrten Weg. Mag die Adresse Leverkusen sportlich interessanter sein, als Lebensmittelpunkt ziehen dagegen die meisten Spieler die 30 km entfernte Metropole Köln vor. So wohnen neun Bayer-Akteure in der Domstadt.