Die Idylle trügt. Vor dem Traumpanorama der Schweizer Alpenriesen hat sich der Champions-League-Finalist Borussia Dortmund wie immer in seinem Lieblingshotel eingemietet, um die wichtigste Phase der Saisonvorbereitung ganz in Ruhe anzugehen. Die Kulisse in Bad Ragaz hat jedoch Risse bekommen: Intern gibt es großen Ärger, weil der Technische Direktor und Kaderplaner Sven Mislintat seine Kompetenzen überschreitet.
Über die Vorwürfe berichteten unter anderem die Bild-Zeitung, die WAZ und die Ruhr Nachrichten, der Inhalt deckt sich zu großen Teilen mit SID-Erkenntnissen. Demnach wird Mislintat intern scharf kritisiert. Einerseits, weil er Alleingänge in Transferfragen unternimmt, die ihm gemäß Jobbeschreibung nicht zustehen, andererseits hat er seine Vorgesetzten mit öffentlichen Auftritten verärgert. Der neue Chefcoach Nuri Sahin soll ihn sogar nach einem Streit des Trainingsplatzes verwiesen haben.
Mislintat war erst im Mai zum BVB zurückgekehrt. Er soll potenzielle Zugänge sichten und vorschlagen, also vor allem Sportdirektor Sebastian Kehl zuarbeiten, der das sportliche Tagesgeschäft verantwortet. Geschäftsführer Lars Ricken leitet den Verein als Nachfolger von Hans-Joachim Watzke strategisch.
Entscheidungsgewalt besitzt Sven Mislintat im Gegensatz zu seinen früheren Stationen bei Ajax Amsterdam und dem VfB Stuttgart also nicht. Vom VfB schied er nach dreieinhalb Jahren im Unfrieden, sein Engagement in den Niederlanden endete nach wenigen Monaten mit einer Freistellung. Mislintat gilt als schwieriger, durchsetzungsstarker Typ, der versucht, möglichst viel Macht auf sich zu vereinen: Das wissen sie auch in Dortmund, wo er sich einst mit Trainer Thomas Tuchel überwarf.
Tuchel ließ damals anweisen, dass Mislintat nicht mehr im Umfeld der Mannschaft aufzutauchen habe. Am Ende aber musste er selbst den Verein verlassen. Das „Diamantenauge“ Mislintat hingegen wurde vom Chefscout zum Leiter Profi-Fußball befördert, nahm allerdings Ende 2017 ein Angebot des FC Arsenal an. Im Mai 2024 wurde der 51-Jährige wieder beim BVB vorgestellt.
Und dort brodelt es erneut. Der Verein lehnte eine Stellungnahme seiner Führungsetage auf Anfrage ab, die Bild-Zeitung spekuliert bereits mit einem „Blitz-Aus“. Demnach sollen „interne Sitzungen aus dem Ruder gelaufen“ sein, Mislintats Auftreten wird als dominant beschrieben. Eine „vernünftige Gesprächsatmosphäre“ sei teils „kaum vorhanden“ gewesen. SID-Informationen zufolge wird eine zügige Trennung jedoch noch nicht erwogen.
Brisant ist der Vorwurf, Mislintat habe Interna an die Presse durchgesteckt. Auffällig war, dass immer wieder Transfer-Influencer zuerst von sich anbahnenden Einkäufen wussten - so auch im Falle des brasilianischen Rechtsverteidigers Yan Couto, den Mislintat angeblich sehr kritisch gesehen hat. Die Influencer könnten ihre Informationen allerdings auch von Spieler- oder Beraterseite beziehen.