Volkes Stimme war laut und deutlich zu hören. "Außer Nübel könnt ihr alle geh'n", riefen die Anhänger von Schalke 04 erbost. Und in der Tat: Ohne ihren herausragenden Torhüter Alexander Nübel wären die Königsblauen beim 1. FC Nürnberg nicht mit einem hochgradig schmeichelhaften 1:1 (0:0) davongekommen - sie wären untergegangen. Dass es nicht so kam, lag freilich auch daran, dass der wackere Club bisweilen doch wie ein Depp dasteht.
Trainer Huub Stevens überraschten die Reaktionen der Anhänger nicht. Das Spiel seiner Mannschaft sei ja nun mal "gar nichts" gewesen, "das war nicht gut", sagte er mit einer Miene, hinter der sich eine Mischung aus Fassungslosigkeit, Resignation und Wut zu verbergen schien. "Ich kann mir vorstellen", sagte er, "dass die Fans so reagieren. Da habe ich Verständnis für." Es war im Grunde genommen ein Frechheit, was Schalke bot. Nicht einmal Leidenschaft war bei allem Unvermögen zu erkennen.
"Zweifel", argumentierte Stevens, hätten zu der miserablen Leistung geführt, "Zweifel ist ein schlechter Ratgeber." Und seine Mannschaft habe gezweifelt, weil Nürnberg "aggressiver und besser war, dann verlierst du die Zweikämpfe, dann kommst du nicht ins Spiel und dann kommen Zweifel auf". Bereits vor dem Spiel hatte Eurosport-Experte Matthias Sammer gesagt, was Schalke zeige, habe "wenig mit Fußball" zu tun: "Das ist wie Kinderfußball." Und das war noch geschmeichelt.
Dass Schalke beim Club mit einem Unentschieden davonkam, war in erster Linie Nübel zu verdanken - oder, ausgehend von der Sicht des Betrachters, den Nürnbergern. Der Schalker Torhüter jedenfalls war nur beim Kopfball von Yuya Kubo (82.) machtlos - ansonsten gelangen ihm schier unglaubliche Paraden bei dem halben Dutzend bester Chancen des Club. Großartig reagierte er auch Sekunden vor der Pause, als er einen Elfmeter von Hanno Behrens (45.+2) abwehrte.
Behrens, Kapitän der Nürnberger, war da längst zum Pechvogel geworden. Vier Minuten zuvor hatte er einen regulären Treffer erzielt, nicht einmal die Schalker protestierten, weil allem Anschein nach alles mit rechten Dingen zugegangen war. Doch: Schiedsrichter Robert Kampa (Mainz) sah dies anders. Er pfiff die Situation ab, weshalb auch kein Videobeweis möglich war. "Das ist irgendwo ein bisschen Verarschung", erboste sich der aufgebrachte Behrens. Seine Reaktion war verständlich.
Eine "klare Fehlentscheidung, die auf diesem Niveau nicht passieren darf", sagte der Nürnberger Trainer Boris Schommers über die Situation und behauptete, der Schiedsrichter "weiß, dass er einen Fehler gemacht hat". Allerdings wollte er sich damit auch nicht allzu lange aufhalten, denn ihm war ja auch klar: "Wir hatten darüber hinaus genügend Chancen, das Spiel zu gewinnen." Und: "Es gab nur eine Mannschaft, die verdient hatte, zu gewinnen."
Nur, sie gewann halt nicht: In der 85. Minute traf Matjia Nastasic zum Ausgleich. Irgendwie typisch für den Club, der schon in der Vorwoche beim VfB Stuttgart eine späte Führung nicht hatte halten können. Und irgendwie typisch, dass der Ball abgefälscht war. sid