"Wir dürfen uns keinen Ausrutscher mehr erlauben", sagte der Sportdirektor von Borussia Dortmund vor dem Bundesliga-Duell beim FC Bayern München am Samstagabend (18.30 Uhr). Dabei hätte Zorc allen Grund, sich zurückzulehnen und erfreut mit anzusehen, was er maßgeblich möglich gemacht hat: das Duell der Super-Torjäger. Münchens Robert Lewandowski (28) gegen Dortmunds Pierre-Emerick Aubameyang (27). Zorc holte beide in die Bundesliga, wo sie längst zu den größten Attraktionen zählen und sich erneut ein spektakuläres Rennen um den Titel des besten Torschützen der Liga liefern. Letztes Jahre sicherte sich Münchens Stürmer die Auszeichnung, 30 zu 25 lautete das Endergebnis. Vor dem 28. Spieltag der aktuellen Saison steuern beide Angreifer auf die 30-Tore-Marke zu. Lewandowski hat in 27 Spielen 24 Treffer erzielt, Aubameyang sogar 25 in nur 25 Partien. Sind sie also noch besser geworden als sie ohnehin schon waren? Haben sie ihren Zenit erreicht oder können sie noch besser werden?
"Wir hoffen natürlich, dass Robert seinen Zenit überschritten hat und Auba noch jede Menge Potenzial hat", scherzt Dortmunds Trainer Thomas Tuchel, um dann ernster zu werden: "Sie sind sehr unterschiedliche Stürmer, aber beide agieren auf sehr hohem Niveau. Und beide sind zu ehrgeizig, als dass ihr Zenit überschritten wäre."
Gerade Lewandowski gilt als Perfektionist, als einer, der professionell bis ins letzte Detail ist, der alles versucht, um noch gefährlicher zu werden. "Robert trifft unfassbar gut, aus vielen unterschiedlichen Situationen", sagt Tuchel und meint, dass Lewandowski, den Ball mit dem Rücken zum Tor abschirmen kann, dass er sich auf engstem Raum gegen zwei Gegner durchsetzen kann, dass er kopfballstark ist, dass er wuchtig und gewitzt kann. Doch dabei belässt er es nicht. Schon zu Zeiten, als er noch in Dortmund spielte, begann er, sich für Freistöße zu interessieren, übte die Ausführung im Training. "Er fängt an, die mit einer Regelmäßigkeit reinzuschießen, die beängstigend ist", sagt Tuchel aus der Position des fernen Beobachters.
Aber auch sein Schützling Aubameyang, der durch extravagante Autos, Kleidung und Ideen auffällt, kann noch besser werden. Dabei ist dessen Quote ebenfalls erschreckend gut. Er lebt viel von seinem Instinkt und seiner Schnelligkeit, häufig genügt ihm deshalb und aufgrund der zuverlässigen Servicedienste seiner Mannschaftskameraden nur ein Kontakt, um einen Treffer zu erzielen. An manchen Tagen lässt er sogar noch beste Chancen aus, so wie jüngst in der Partie gegen den Hamburger SV, als er spät einmal traf, vorher aber schon vier Tore hätte erzielt haben können. Auch deshalb hofft der Trainer, dass Aubameyang, der die Hinrundenpartie mit seinem Treffer für den BVB entschied (1:0), es schafft, "vielleicht mit fortschreitendem Alter mehr Ruhe zu entwickeln, noch abschlussstärker zu werden und noch kombinationssicherer." Aber das darf durchaus als Klagen auf hohem Niveau bezeichnet werden.
Fakt ist aber: Beide treiben sich gegenseitig zu möglicherweise historischen Höchstleistungen. Jeder beäugt die Treffer des anderen, manchmal schreiben sie sich dann Nachrichten. Keiner will hinter dem jeweils anderen zurückstehen. Es ist eine Freude für die Bundesliga, in deren Geschichte erst fünf Mal ein Torschützenkönig mehr als 30 Tore auf dem Konto hatte. Zuletzt gelang dies dem Kölner Dieter Müller in der Saison 1976/77 mit 34 Treffern. --- Einer von beiden wird höchst wahrscheinlich in diesen elitären Kreis der Topschützen einziehen. Vielleicht aber auch beide. Das könnte dann auch Michael Zorc gefallen.