"Ultras rein" und "Nazis raus" stand auf zwei Plakaten, die beim Auswärtsspiel von Borussia Dortmund in Mainz im Block der BVB-Fans hochgehalten worden waren. Die Verfasser der Spruchbänder wussten offenbar Bescheid, dass es speziell bei Auswärtsspielen ein wachsendes Problem mit Rechtsradikalen im BVB-Umfeld gibt.
Als die Borussia als Antwort auf das Werfen von Bengalischen Feuern beim Derby in Gelsenkirchen mit dem Entzug der Auswärtsdauerkarten für die drei Dortmunder Ultra-Gruppen reagierte, war in weiten Teilen der Fanszene von einer Bestrafung mit Augenmaß die Rede. Nur wenige Warner fragten in Fanforen, wer das im Auswärtsblock zwangsläufig entstehende Macht-Vakuum ausfüllen würde. Die Befürchtung: Rechte Kräfte in der BVB-Szene könnten versuchen, den Ton im Block anzugeben.
Borussenfront zeigt verstärkt Präsenz
Von einer "Machtübernahme" von rechts ist die Fanszene noch weit entfernt. Dennoch: Die alte Hooligantruppe Borussenfront zeigt wieder verstärkt Präsenz und versucht, mit Nadelstichen die restlichen Fans zu provozieren. Beobachter der Szene registrieren zudem verstärkte Bemühungen der stark gealterten Hooligantruppe, Nachwuchs zu rekrutieren. Ohne Ultras im Block fehlt es an Konkurrenz.
So auch beim Auswärtsspiel in Mainz, als ein Mann — laut Beobachtern mit Thor-Steinar-Jacke und T-Shirt der rechten Hooligan-Band "Kategorie C" bekleidet — das im Gästeblocks installierte Vorsängerpodest bestieg. Laut Zeugen stimmte der Unbekannte allerdings lediglich "Hier regiert der BVB" an und versuchte, den Block anzuheizen.
Das schaffte er auch, allerdings nicht in der gewünschten Weise. Einige Ultras schritten ein und drängten den Mann vom Podest. Weitere Versuche wurden ebenfalls unterbunden, andere BVB-Fans quittierten den rechten Auftritt mit "Nazis raus!"-Rufen.
Verbindung zwischen Borussenfront und Partei "Die Rechte"
In Mainz anwesende Fans schildern jedoch, dass sich daraufhin eine etwa 20-köpfige Gruppe aus Mitgliedern der Borussenfront zum unteren Bereich des Gästeblocks bewegte. Darunter auch ein gerade von der NPD zur Partei "Die Rechte" übergetretener Bezirksvertreter aus Dortmund-Eving. Keine große Überraschung vor dem Hintergrund, dass der Kopf der Borussenfont, Siegfried "SS Siggi" Borchardt, Dortmunder Kreisvorsitzender der Rechten ist und als Spitzenkandidat in die Kommunalwahl 2014 ziehen soll — mit dem Wahlspruch "Von der Südtribüne in den Stadtrat".
Auch außerhalb des Blocks machten Augen- und Ohrenzeugen Beobachtungen. So hätte die Borussenfront auf dem Weg zum Stadion und in den Stadion-Toiletten antisemitische Lieder gesungen.
Rechtsradikale Übergriffe in anderen Städten
Auch in anderen Städten haben in jüngster Zeit sogenannte "Alt-Hools" mit rechter Gesinnung auf sich aufmerksam gemacht. In Duisburg überfielen rechte Schläger der "Division" Mitglieder der eher linken Ultra-Gruppe "Kohorte" . In Essen griff die "Alte Garde" eine Veranstaltung des Fan-Projekts an , um die Aufführung eines Films über rechtsradikale Konzerte zu verhindern.
In Dortmund traf sich die Borussenfront vor dem Spiel gegen den VfB Stuttgart mit gleichgesinnten Hooligans aus Stuttgart und Kaiserslautern. Das passt zu einem Bericht des Nachrichtenportals Spiegel Online über ein rechtsradikales Hooligan-Netzwerk namens "GnuHonters", das bestrebt sei, den rechten Hooligans wieder zu mehr Macht in den Kurven zu verhelfen.
In Dortmund tritt die Borussenfront bislang lediglich bei solchen Auswärtsspielen verstärkt in Erscheinung, bei denen aus verschiedenen Gründen die Ultras nicht im Stadion sind. So geschehen bei einem von den Ultras im Rahmen ihrer "Kein-Zwanni"-Proteste boykottierten Spiel in Hamburg . Wegen des Entzugs der Auswärtsdauerkarten wird das Gros der Ultras noch länger fehlen.