BVB-Coach Klopp hadert mit einer „Scheiß-Statistik“, Erklärungsansätze gibt es beim Double-Sieger aus der Tatort-Stadt aber nur bedingt.
Tatort Kabinentrakt. Es vergehen nur Sekunden nach dem Schlusspfiff von Schiedsrichter Florian Meyer bis Mats Hummels in den Katakomben der Commerzbank Arena in Frankfurt zu hören ist. Die Wand bekommt einen mit. Eine Tür knallt. Wutentbrannt rast der Nationalverteidiger im Stechschritt an seinen Mitspielern vorbei ohne sie eines Blickes zu würdigen. Hummels schreit. Hummels schimpft. Hummels ist in seiner eigenen, seiner ehrgeizigen Welt. „Scheiß Zusammenspiel! Was ein scheiß Zusammenspiel!“, macht sich der Abwehrspieler Luft. „Die haben keine Chance und machen drei Tore“ - er meint die Eintracht aus Frankfurt. Mit einem lauten Rumms verschwindet der 23-Jährige in die Kabine, nicht ohne noch mal die Bruchsicherheit der Tür getestet zu haben. Es klingt nach Zwietracht.
Das ist die eine Reaktion auf das 3:3-Unentschieden beim Aufsteiger, der momentan in der Bundesliga für Furore sorgt. Es war ein Spektakel für die Fußball-Fans, ein Leckerbissen, der jeden Cent wert war. Die Protagonisten in schwarz-gelb sehen das allerdings anders. „Es ist verdammt ärgerlich“, flüstert Außenverteidiger Marcel Schmelzer und sagt, er wisse auch nicht genau, was „da heute wieder passiert ist.“ Zu schläfrig sei die Mannschaft aus der Kabine gekommen, und die Borussia habe „wieder zu viele Fehler gemacht.“ Ein rabenschwarzer Tag war es für den Nationalspieler aber nicht: „Wir haben einen Punkt beim Tabellenzweiten geholt, warum soll das ein rabenschwarzer Tag sein?“ Schmelzer schüttelt den Kopf und folgt Hummels in die Kabine. Nicht so laut, aber ebenso enttäuscht.
Dort in den vier Wänden des Meisters versammeln sich fast alle BVB-Spieler. Die Stimmung ist zu erahnen. Kaum einer will mit den Medienvertretern sprechen. Zu bitter ist die Bilanz des Double-Siegers in der noch jungen Saison: acht Punkte auf dem Konto, nur zwei Unentschieden und eine Niederlage auf fremden Platz und bereits sieben Punkte hinter Rekordmeister Bayern München. Das allerdings scheint bei Borussia Dortmund momentan zweitrangig zu sein. „Mir ist egal, wo Bayern steht“, erklärt Kapitän Sebastian Kehl, und Sportdirektor Michael Zorc ergänzt: „Die Tabelle interessiert nur euch Journalisten." Zu wenig Aussagekraft habe eine Tabelle nach nur fünf Spieltagen.
"Scheiß" Gegentor-Statistik Nach Aussagekraft ringt auch Kehl. Achselzuckend steht er hinter dem gelb-schwarzen Absperrband in der Mixed Zone. Er ist einer der wenigen Profis, die den Weg aus dem Stimmungstief Kabine gefunden haben. Während sich Hummels in einer Ecke der Katakomben von seiner Mutter trösten lässt und sichtlich beruhigt sogar Autogramme gibt , ringt Kehl nach Worten; überlegt, wie er drei Gegentore erklärt; deren sechs in vier Tagen. „Die Abstände in den Mannschaftsteilen sind zu groß“, sagt der Mittelfeldspieler. Es mangele an Abstimmung, und „wir sind nicht konsequent genug.“ Wie auch in Hamburg, „lag es heute auch wieder mehr an uns, dass wir nicht gewonnen haben“, ärgert sich der Kapitän. „Wir müssen uns jetzt an den eigenen Ohren wieder aus dem Dreck ziehen.“
Die drittmeisten Gegentore der Liga sind für Erfolgstrainer Jürgen Klopp „eine Scheiß-Statistik“. Klopp muss seine Mannschaft jetzt schnell wieder auf Kurs bekommen, denn in nur vier Tagen steht das nächste Spiel auf dem Plan. Der BVB empfängt die andere Borussia aus Mönchengladbach. Bis dahin sollten sich einen komplett beruhigt und die anderen Rat gefunden haben.