Gab es in der VfL-Vergangenheit bei ähnlichen Szenen oft ein gnadenloses Pfeifkonzert, Beschimpfungen und eine erschreckende Atmosphäre, so war an diesem Abend alles ganz anders. In der Schlussphase, als das Team von Heiko Herrlich fast völlig hilflos in eine weitere Heimniederlage marschierte, gab es von den Rängen eine Unterstützung, wie man sie sich eigentlich bei jedem Heimspiel wünschen würde.
Mögen die Beweggründe unterschiedlicher Art gewesen sein – eine Portion Galgenhumor, eine Trotzreaktion, oder gar Mitleid, was auch immer, Fans und Mannschaft präsentierten sich unter den aufziehenden Abstiegswolken als eine Einheit. In der Woche muss viel passiert sein. Bekannt ist, dass Spieler und Trainer auf der einen und Fans auf der anderen Seite viel miteinander geredet haben und einige Dinge, die noch vor einer Woche im Raum standen, mit Vernunft beseitigt wurden.
Manchmal können es aber auch kleine Dinge sein, die abseits vom Geschehen auf dem Rasen eine große Außenwirkung haben. Denn schon, als die Mannschaft gegen 20 Uhr zum Warmmachen aus der Kabine kam, vollzog sich ein Wandel. Nachdem die Mannschaft nämlich klatschend zur Ostkurve lief, um die Anhänger zu begrüßen, erledigten sich zahlreiche Akteure, darunter Lewis Holtby und Milos Maric ihres schicken Trainingspullis und warfen ihn auf die Ränge.
Und die Zuschauer nahmen dieses Versöhnungsgeschenk an und verhielten sich über die ganzen 90 Minuten nahezu vorbildlich. Selbst als nach dem Treffer zum 0:2 einige wenige „die Schnauze voll“ hatten, wurden sie überstimmt und das eigene Team wieder angefeuert. Und nach dem Schlusspfiff, bei aller Enttäuschung, marschierte die VfL-Mannschaft komplett zur Ostkurve, stellte sich unmittelbar an den Zaun, sorgte dafür, dass einige Anhänger, die auf die Barrikaden geklettert waren, zu ihnen herunter kommen durften und stellten sich mehr als eine halbe Stunde den Fragen und Sorgen der Fans.
Aufsichtsratsvorsitzender Werner Altegoer, inzwischen von einer längeren Krankheit genesen, hat in den vergangenen Jahren oft mit Teilen des Bochumer Anhangs gehadert. Am Freitag zeigte sich der ergraute „Präses“ sichtlich bewegt: „Das war beeindruckend. Das Fanverhalten war vorbildlich. Nur so können wir vielleicht noch unsere sportlich prekäre Situation zum Guten wenden.“
Auch Philipp Bönig, ohnehin in der Gunst der Anhänger die absolute Nummer Eins im VfL-Team, zeigte sich überrascht: „Ich habe mich sehr lange unterhalten. Es gab nicht ein böses Wort. Sie haben uns versprochen, uns bis zu letzt zu unterstützen. Das werden auch einige Tausend in München tun. Ich habe großen Respekt davor, wie die Anhänger in den letzten Tagen mit unserer schwierigen Situation umgegangen sind.“
Eigentlich ist es ja ganz einfach, sich mit dem Bochumer Publikum zu versöhnen. Wenn Kampf, Leidenschaft und Einsatzbereitschaft stimmen, dann geht die kleine, aber feine VfL-Gemeinde mit ihrer Elf durch dick und dünn. Fanbeauftragter Dirk Michalowski abschließend: „Bei allen sportlichen Sorgen: Freitag war ich stolz auf den kompletten Bochumer Anhang. Egal welche Gruppe im Stadion, der Zusammenhalt war beeindruckend. Da haben die Anhänger des VfL Bochum ein deutliches, positives Signal nach außen hin gegeben!“