Das gibt es nicht alle Tage. Mitten in der Saison hat sich Mittelrheinligist F.V. Bonn-Endenich 1908 e.V. von fünf Spielern getrennt. „Eklatant wichtige Spieler, das Grundgerüst, das die Mannschaft überhaupt in die Mittelrheinliga geschossen hat“, wie Sportdirektor Markus Köppe mitteilte. Wieso also mussten sie gehen – und das mitten im Abstiegskampf?
Alle fünf, Leo Dos Santos, Tom Wüstenberg, Benne Palm, Florian Schöller sowie Kapitän Abdenbi Oubelkhiri, spielen auch in der sogenannten „Baller League“ - eine deutsche Hallenfußballliga mit innovativen Regeln, die von Lukas Podolski und Mats Hummels in Zusammenarbeit mit anderen Fußball- und Social-Media-Persönlichkeiten gegründet wurde.
In einem emotionalen, knapp 24-minütigen Video erklärte Köppe bei Facebook, wieso das mit seinem F.V. Bonn-Endenich 1908 e.V. nicht zu vereinen ist und der Klub sich gezwungen sah, die Reißleine zu ziehen. Die Baller League habe sich „wie ein Virus ausgebreitet.“
Wie ein Virus hat sich die Baller League durch unsere Kabine gezogen
Markus Köppe
Der Verein habe per Zufall mitbekommen, dass sich Dos Santos, Wüstenberg und Oubelkhiri für die Baller League gemeldet hatten und dort im sogenannten "Draft" auch Teams zugeordnet wurden. Daraufhin hätte der Klub nach langen Diskussionen den Spieler zunächst erlaubt, mitzuspielen. Immerhin handelt es sich um ihre Freizeit. Dass die Spieler aber einen Vertrag unterzeichnen mussten, war den Verantwortlichen des Mittelrheinligisten nicht bekannt.
„Das erste Spiel war für uns noch okay“, sagte Köppe. „Einmal pro Woche, zwei Mal 15 Minuten Straßenfußball.“ Am zweiten Spieltag tauchten aber drei weitere Spieler des F.V. Endenich bei der Baller League auf. Und: „Plötzlich ging es richtig hart zur Sache. Mit Kickern bis hin zur Regionalliga, ehemalige Bundesliga-Spieler, die sich auch richtig präsentieren möchten“, betont Köppe.
All das hatte Auswirkungen auf den Härtegrad und die Stimmung in der Mannschaft. Die Folge: Der Sportdirektor nahm seine Zustimmung zurück.
„Wie ein Virus hat sich die Baller League durch unsere Kabine gezogen. Der Fokus ist vom Abstiegskampf auf die Baller League gerückt, manche wussten nicht mal, gegen wen sie am Wochenende in der Mittelrheinliga spielen.“ Außerdem wollte man bei sechs wichtigen Spielern nicht mehr das Verletzungsrisiko tragen.
Köppe stellte die Spieler vor die Wahl: Baller League oder FV Endenich. Jakub Merlan-Jarecki entschied sich für den FV - Dos Santos, Wüstenberg, Palm, Schöller, Oubelkhiri für die Baller League.
Meine Gemütslage ist von jetzt auf gleich in den Keller gegangen, weil wir hier von Spielern reden, für die wir uns den Arsch aufgerissen haben
Markus Köppe
Köppe erklärte in dem Video, wie wichtig ihm die fünf Ex-Schützlinge seien, betonte aber zugleich, wie viel man für sie auch getan habe. Auf und abseits des Platzes. „Ich habe an die Ehre der Spieler appelliert und sie gebeten, ihren Egoismus etwas runter zufahren.“
Ohne Erfolg. „Dem einen macht es Spaß, der andere verwies auf den Vertrag oder sieht sich in der Bundesliga oder Champions League. Meine Gemütslage ist von jetzt auf gleich in den Keller gegangen, weil wir hier von Spielern reden, für die wir uns den Arsch aufgerissen haben.“
Köppe stellte klar, dass es sich bei seiner Erklärung nicht um eine „Anti-Kampagne“ gegen diese Spieler handele sondern lediglich um eine „Aufklärung“, ehe er noch einmal in Richtung Baller League schoss.
Köppe schießt gegen Baller League
Der Sportdirektor habe dem Geschäftsführer des Konstrukts zu Verstehen gegeben, was er davon halte. „Ich glaube der Fußball-Verband Mittelrhein sieht das ähnlich. Wenn dann Leute dem Vereinsleben fern bleiben für so eine Kirmesliga in der Halle.“
Auch Mitgründer Podolski habe ihn enttäuscht. „Der sitzt am Mikro und sagt, es ist eine riesen Bühne. Aber dann sprich bitte auch aus, dass das Spieler sind, die bei ihrem Verein im Wort stehen und in der Baller League einen höheren Wert sehen.“
Die Entwicklung, dass "eine Freizeitliga einem Fußballverein vorgezogen wird", mache Köppe jedenfalls Angst. „Das kann nicht gut sein. Ich hoffe, dass da eine Lösung her kommt. Ich kann der Baller League nur empfehlen, dass sie sich mit den Vereinen auseinandersetzt. Wir sind nicht der einzige Verein, der da mit Unmut reagiert.“
Bislang hätte sich nur keiner getraut, es auszusprechen.