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Schalke: Schober über die Zukunft der Knappenschmiede

Foto: firo

Im Falle eines wahrscheinlichen Abstiegs aus der Bundesliga muss sich der FC Schalke 04 neu ausrichten. Der Etat für die 2. Liga würde enorm zusammengestrichen. Die Knappenschmiede ist in diesen dunklen Zeiten beinahe der einzige Hoffnungsträger im Verein. Im Interview bezieht der Leiter, Mathias Schober, Stellung zur gegenwärtigen Lage.

Herr Schober, bereitet Ihnen ein immer wahrscheinlicher werdender Abstieg des FC Schalke 04 schlaflose Nächte?

Mathias Schober: Wir müssen der Realität ins Auge schauen. Deshalb haben wir in den vergangenen Wochen den Großteil unserer Planungen in der Task Force auf die 2. Bundesliga fokussiert.

Das Geld im Verein fehlt an allen Ecken und Enden. Welche Auswirkungen befürchten Sie in dem Fall für die Arbeit der Knappenschmiede?

Wenn es so kommt, hätte das erst einmal keine Auswirkungen auf die Knappenschmiede. Wir würden unsere Arbeit hier weiter machen wie bisher. Die Knappenschmiede hatte schon immer einen großen Stellenwert für den Verein, das wird auch in Zukunft so sein.

Nimmt der Stellenwert nicht vielleicht eher zu, denn viele sehen in der Jugendarbeit die einzige Chance des Vereins, wieder auf die Beine zu kommen?

Vielleicht ist es eine Chance, dass noch mehr Spieler aus der Jugend den Sprung zu den Profis schaffen können. Das ist auch unser gemeinsamer Anspruch. Es gibt allerdings keinen Automatismus, denn am Ende muss die Qualität stimmen. In der 2. Liga kann man nicht in jeder Partie einfach fünf oder sechs U19-Spieler reinwerfen, wenn man um den Aufstieg mitspielen will. Wir brauchen auch die Zeit mit den Jungs, um sie ordentlich auszubilden. Die Knappenschmiede war für Schalke 04 auch in der Vergangenheit bereits sehr wichtig. Und ich bin mir sicher, dass sie auch in Zukunft mindestens so wertvoll für den Verein sein wird, das stimmt.

Ist der Druck auf die Akteure der Knappenschmiede, in der jetzigen Gesamtsituation des Vereins liefern zu müssen, größer geworden?

Nein, das sehe ich nicht so. Wir haben schon immer den Anspruch gehabt, Qualität herauszubringen. Daran hat sich nichts geändert. Wir haben weiterhin das Ziel, Spieler für unsere Profis zu formen. Der Druck von außen ist dadurch nicht größer geworden – den legen wir uns schon selbst auf.

Und der finanzielle Druck? S04 scheint mehr denn je auf Einnahmen aus der Knappenschmiede angewiesen zu sein.

Wir wollen den Weg weiter gehen, dass wir Spieler ausbilden, die im besten Fall mal einen sportlichen wie finanziellen Wert für den Verein haben. Primär sehen wir uns als Ausbilder und Zulieferer für unsere Profis.

Haben Sie denn die Talente, die Schalke in Zukunft weiterhelfen könnten, wieder nach oben zu kommen?

Ja, wir haben in den einzelnen Jahrgängen interessante Spieler. Zuletzt hat man das am Beispiel von Malick Thiaw oder Can Bozdogan gesehen. Beide gehören zum 2001er-Jahrgang und haben schon einiges an Profi-Luft geschnuppert. Malick wurde seit 2015 bei uns ausgebildet und spielt jetzt bei der U21-EM mit. Aus dem 2002er-Jahrgang hat Kerim Calhanoglu bereits einige Spiele gemacht. Mikail Maden wurde eingewechselt. Dazu kommt noch Mehmet-Can Aydin, der einige Male im Kader stand. Und auch im 2003er-Jahrgang sind wieder einige dabei, denen wir den Sprung zutrauen. Aber alle Spieler müssen sich natürlich noch weiterentwickeln, wir müssen ihnen die nötige Zeit geben.

Wiegt in so einer Situation, in der der Klub verstärkt auf seine jungen Spieler setzen muss, die fehlende Spielpraxis aufgrund der ausgesetzten Saisons im Jugendbereich doppelt schwer?

Definitiv fehlt Spielpraxis in allen Altersstufen. Trotzdem kann man sehen, dass zum Beispiel ein Kerim Calhanoglu mithalten kann, weil er durch das Training bei Norbert Elgert gut vorbereitet ist. Ohne Zweifel ist die Corona-Pandemie eine besondere Herausforderung. Es besteht die Gefahr, dass einige Talente den Sprung nicht schaffen, weil Training und Spiele fehlen. Klagen und Jammern hilft allerdings nicht. Es gibt derzeit größere Probleme auf der Welt, als Fußball zu spielen. Da müssen wir als Club mit Demut vorangehen.

Es fällt auf, dass Schalke 04 in den letzten Jahren nicht mehr die ganz großen Talente der Kategorie Manuel Neuer, Leroy Sané, Julian Draxler oder Benedikt Höwedes herausbringen konnte. Woran liegt das?

Solche außergewöhnlichen Talente findet und formt man nicht ständig. Wenn wir uns mal umgucken: Wo sind solche Spieler – auch in anderen Vereinen? Da fallen mir nicht viele Namen ein. Kai Havertz vielleicht. Der deutsche Fußball hat ein gesamtheitliches Nachwuchsproblem. Und was Schalke 04 angeht: Weston McKennie ist auch ein Spieler der Top-Kategorie, der bei uns die U19 durchlaufen hat und jetzt bei Juventus Turin spielt. Aber klar, Weltklassespieler wie die genannten, die wachsen auch nicht auf den Bäumen. Es ist generell schwerer, für alle Vereine.

Gerade weil im deutschen Nachwuchs die ganz großen Talente in der Masse derzeit nicht vorhanden sind, haben andere Vereine wie der BVB bei der Rekrutierung von Jugendspielen verstärkt auf das Ausland gesetzt. Hat der S04 diese Entwicklung trotz Weston McKennie ein bisschen verpasst?

Ich würde nicht sagen, dass wir den Moment verpasst haben. Das ist eine andere Philosophie, die auf anderen wirtschaftlichen Möglichkeiten basiert. Für uns war es auch in der Vergangenheit schwer, 15-oder 16-Jährige für zehn oder zwölf Millionen Euro zu verpflichten, so wie es andere Vereine gemacht haben. Diesen Ansatz haben wir nicht verfolgt. Deswegen fahren wir unseren eigenen Weg, und der ist ja deutschland- und europaweit auch sehr erfolgreich. Wenn wir ähnliche finanzielle Möglichkeiten wie andere Clubs hätten, würden wir vielleicht auch über andere Optionen nachdenken.

Aber?

Unser Ansatz bleibt der, die Jungs in der Knappenschmiede möglichst lange so auszubilden, dass sie den Sprung zu den Profis schaffen. Der alternative Weg beruht auf einem anderem Wirtschaftsmodell: Man holt einen Jungen für zwölf Millionen und verkauft ihn dann für Summe X weiter. Aber diese Möglichkeiten haben wir in der Form auch in der Vergangenheit nicht gehabt, und in der Gegenwart und in der Zukunft auch nicht.

Mit Norbert Elgert hat die Knappenschmiede den besten Ausbilder Deutschlands. Welche Rolle spielt seine Kompetenz in diesem System? Die spielt eine große Rolle. Zusammen mit Peter Knäbel und mir bildet er aktuell auch die Task Force Kaderplanung für die Profis. Das hat seinen Grund. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass er den Spielern den letzten Schliff verliehen hat. Seine Arbeit ist bei Spielern, Eltern und Beratern ein großer Entscheidungsfaktor. Aber auch die ganzheitliche Philosophie der Knappenschmiede, dass es hier noch beinahe familiär zugeht, und Spieler nicht als irgendwelche Nummern gesehen werden, die durchkommen müssen, um dann für viel Geld verkauft zu werden. Diesen Weg wollen wir weitergehen. Deshalb haben wir beispielsweise einen Tim Hoogland als Co-Trainer der U17 dazu geholt. Er ist ein Schalker Junge und hat das alles selbst erlebt. Und wenn man dann noch einen Norbert Elgert als Trainer in der U19 hat, ist das das I-Tüpfelchen.

Ist die Knappenschmiede die Hoffnung für die leidenden Fans auf eine positivere Zukunft, die zu Schalke passt?

Wenn ein Spieler aus der eigenen Jugend kommt und authentisch, aber nicht aufgesetzt, die Werte des Vereins lebt und den nachfolgenden Generationen mitteilen kann, kann das natürlich zur Identifikation der Fans mit der Mannschaft beitragen. Wir finden das wichtig. Das gilt besonders auf Schalke. Aber am Ende steht und fällt alles mit der Qualität eines Spielers. Hier wollen wir die Arbeit der vergangenen Jahre fortsetzen und unseren Anteil an einer erfolgreichen Zukunft des Vereins beitragen. Und die soll natürlich in der Bundesliga liegen.

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