Nach dem Seitenwechsel lief es besser, gut dreißig Minuten zeigten die Zebras richtig guten Fußball. Die 90 Minuten waren um. "Pfeif das Ding ab, Schiri!", so die einstimmige Forderung der versammelten Zebra-Fan-Gemeinde. Noch zwei Minuten Nachspielzeit. Der letzte Angriff der Kiez-Kicker rollt, die Spannung ist jetzt unerträglich und schon nimmt die Katastrophe ihren Lauf: Gehalten (glänzender Starke), Latte, drüber (Ebbers trifft kein Scheunentor), Elfmeter, Tor für Pauli. Totenstille im Raum, der Sieg ist uns in allerletzter Minute durch die Hände geglitten.
Auf dem Rückweg mache ich im Auto das Radio an. "Sako (Pauli Angreifer Morike Sako) stand bei der entscheidenden Szene in der 92. Minute im Abseits", dringt die Stimme des Radioreportes an mein Ohr und für mich ist unmittelbar klar: Die italienische Serie A ist überall, auch in der zweiten Bundesliga und vor allem in Duisburg. Nun ist diese Behauptung natürlich zunächst einmal verwirrend und eine argumentativ schlüssige oder gar statistisch-empirisch fundierte Unterlegung meiner Worte wohl kaum zu konstruieren.
Zugegeben recht spät im Alter von 14 Jahren stand Moritz das erste Mal auf den Treppen des Duisburger Wedaustadions. Die damalige Südgerade gefiel dem Jungen, der 1989 mit seiner Mutter und seinen zwei Geschwistern aus Stuttgart in den "Pott" gekommen war, nicht so recht. Zu kalt, zu nass und viel zu wenig los. Also wechselte Moritz das Terrain. In der legendären Duisburger Nordkurve war es zwar nicht trockener als auf dem alten Platz und selbstverständlich pfiff auch hier der Wind recht frisch, dafür war die Stimmung deutlich besser. Der MSV ist zwar längst zu dem geworden, was sich so harmlos klingend "Fahrstuhl-Mannschaft" nennt, doch Moritz ist den "Zebras" dennoch - oder vielleicht gerade deshalb - treu geblieben und legt nun wöchentlich in seiner Fan-Kolumne Zeugnis über sein blau-weißes Gefühlsleben ab
Klar ist jedoch, dass es die Unparteiischen in den letzten beiden Matches nicht besonders gut mit unserer Elf gemeint haben. Erst der "Kircher-Schreck" in der Partie gegen die Rheinhessen und jetzt der Last-Minute-K.o. auf der Reeperbahn. Zugegeben, die Situation war verwirrend, das Spielgeschehen hektisch. Dennoch kann ich von einem professionellen Schiedsrichtergespann doch erwarten, dass es eine klare Abseitsstellung erkennt. Oder wenigstens eine solche Situation nur dann nicht erkennt, wenn der MSV im Angriff ist - und wir deshalb von dem Nichterkennen des Gespanns profitieren könnten. Das wäre doch mal eine annehmbare Alternative.
Wie es ist, wenn Referees so eben beschriebene Vorkommnisse tatsächlich mit schöner Regelmäßigkeit ahnden oder eben übersehen, weiß man beim AC Milan und der "Alten Dame" aus Turin nur allzu genau. Und auf St. Pauli? Haben nicht die Mainzer den Kircher mit Saumagen und Schnaps gefügig gemacht? Mit welcher Art der körperlichen Entspannung (vorausgesetzt man empfindet den Verzehr des fettigen Stück Schweins als solche) könnte man denn nun auf St. Pauli einem wackeren Unparteiischen ein paar schöne Stunden voller Wonne bereiten? Mir fällt da nichts ein. Euch vielleicht?
Damit eines klar ist und ich mir nicht bald einen Anwalt besorgen muss, sei hiermit ausdrücklich klar gestellt, dass ich niemandem ernsthaft irgendetwas unterstellen möchte - außer Juventus Turin vielleicht. Die letzten Wochen waren aufgrund der, wie auch immer zustande gekommenen, Benachteiligungen unseres MSV auf dem Feld für den geneigten Zebra-Anhänger einfach ein wenig ärgerlich.
Doch was soll's? Nach vorne schauen ist angesagt. Am Sonntag geht's gegen die TuS Koblenz. Hoffentlich ist der Schiedsrichter der Partie dann kein Weinliebhaber. In Koblenz und Umgebung soll es nämlich ein ganz leckeres Tröpfchen geben. Aber lassen wir das.