Kleiner Trost für die Dortmunder. Trotz der Niederlage sind sie in der kommenden Saison wieder international im UEFA-Cup vertreten, weil die Münchner als angehender Meister in der Champions League antreten. Doch wirklich freuen konnten sich die BVB-Profis am Samstag-Abend wirklich nicht, so nahe waren sie an der greifbaren Sensation.
Thomas Doll setzte auf Routine. In der Innenverteidigung bot der BVB-Coach Robert Kovac und Christian Wörns auf, dafür setzte er Giovanni Federico erneut nicht einmal auf die Ersatzbank. Zu Beginn versuchten die Borussen, die Lehren aus dem 0:5-Debakel vor sechs Tagen zu ziehen und beschränkten sich darauf, die Bayern in Schach zu halten. Als sich die Dortmunder dann in der elften Minute doch einmal entschlossen, mit vereinten Kräften die Mittellinie zu überqueren, wurden sie sofort bitter bestraft.
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Doppelpack: Luca Toni. (Foto: firo)
Marc van Bommel schickte Franck Ribery, der tanzte Antonio Rukavina aus, die anschließende Flanke köpfte Toni unbedrängt aus fünf Metern ein. Eine Verkettung von Fehlern, da weder BVB-Kepper Marc Ziegler die Flanke abfing, noch zwischen Dede und Kovac Einigkeit bestand, wer sich um den Italiener kümmern sollte.
Bis zur 30. Minute änderte sich am Spielgeschehen nichts. Die gelegentlichen Vorstöße der Borussen wurden vom deutschen Rekordmeister locker abgefangen. Ehe dann Florian Kringe mit einem 16-Meter-Schuss, den Oliver Kahn parierte, ein Offensivzeichen setzte, das seine Mitspieler verstanden (37.).
Die Bayern ruhten sich immer mehr auf dem knappen Vorsprung aus und konnten sich zur Pause glücklich schätzen, nicht den Ausgleich kassiert zu haben. Nach feiner Vorarbeit von Kuba stand Kringe vollkommen frei, war aber offenbar so überrascht, dass er den Ball unkontrolliert über den Querbalken setzte (41.).
Es folgte auch noch eine Tinga-Möglichkeit, die im letzten Moment von den Münchnern vereint abgeblockt wurde. Dazwischen lag ein Aufreger, weil Alexander Frei nach einem Bodycheck von Martin Demichelis vehement Elfmeter forderte. Schiedsrichter Knut Kircher verweigerte diesen aber zurecht, da der Schweizer vorab im Abseits stand.
Nach dem Seitenwechsel entwickelte sich dann der so lange ersehnte Pokalfight. Die Dortmunder streiften ihre schon fast fühlbare Zurückhaltung endlich ab und boten den Bajurwaren Paroli. Dabei hatten sie aber auch Glück. Nach zwei Ribery-Ecken kassierten sie nicht die vorzeitige Entscheidung. Erst zischte ein Kopfball von Miro Klose knapp am langen Pfosten vorbei, dann rettete Kuba gegen Miro Klose. Überhaupt war der Pole zunächst einer der besten Dortmunder, ihm näherte sich im Laufe der Spielzeit immer mehr Kringe. In der 66. Minute hatte er das mögliche 1:1 auf dem Fuß.
Doll wählte das komplette Risiko, wechselte mit Diego Klimowicz, Delron Buckley und Nelson Valdez gleich drei Offensivkräfte ein. Mut, der in der ersten Minute der Nachspielzeit belohnt wurde. Demichelis, der bis dahin stärkste Münchner, verursachte einen überflüssigen Eckball. Dede schlug ihn in die Mitte, wo Mladen Petric mit Fortunas Hilfe und Philipp Lahms Unvermögen auf der Linie traf.
Verlängerung: Hier verhinderte Oliver Kahn gegen Kringe die vollkommene Wendung des Blattes – dann kam, was man den berühmten Bayern-Dusel nennt, der sich schon bis nach Italien herumgesprochen hat. Toni traf in der 113. Minute und jubelte: "Das war ein fantastischer Abend. Wenn man gewinnt, fühlt man sich immer gut. Jetzt wollen wir auch die Meisterschaft und den UEFA-Pokal. Ich hoffe, die Spielzeit geht im Mai mit vielen Toren von mir zu Ende und dann konzentriere ich mich auf die EM."
Ganz anders natürlich die Gemütslage bei den Dortmundern: Dortmunds Petric bilanzierte: "Das 2:1 war ein richtiges Duseltor. Das ist natürlich ganz bitter für uns." Zustimmung gab es von Sebastian Kehl, der betonte: "Ich denke, wir hätten den Sieg verdient gehabt. Aber dann gab es am Ende das Glück, dass die Bayern oft haben."
Somit feierte Oliver Kahn mit seinem sechsten Titel einen perfekten Pokal-Abschied. Seine Sicht der Dinge: "Wir haben es verpasst, den Sack zuzumachen. Diese verflixte 90. Minute verfolgt mich seit fast 20 Jahren. Wahnsinn, was da schon alles passiert ist. Bei der Ehrenrunde sind mir dann die Bilder der ganzen Finals, die ich erleben durfte, durch den Kopf gegangen. Berlin war immer ein Erlebnis."
Auch für Ottmar Hitzfeld, der ebenfalls zum letzten Mal im Pokalfinale stand. Seine Analyse: "Das späte 1:1 lag irgendwie in der Luft, das war verdient für den BVB. Man hat dann gesehen, auf Oliver Kahn ist immer Verlass. Weltklasse, wie er gegen Kringe gehalten hat. Dann hatten wir das erzwungene Glück beim 2:1 von Luca Toni. Jetzt haben wir den Ligapokal und den DFB-Pokal geholt. Zwei Titel sind noch drin."
Anders die Situation bei BVB-Coach Thomas Doll, der erklärte: "Ich kann meinen Jungs nur ein Kompliment machen. Sie sind engagiert und mit viel Freude in die Partie gegangen. Ich bin stolz auf die Truppe. Wir waren in der Verlängerung nah dran, weil wir den psychologischen Vorteil des späten Ausgleichs hatten. Daher waren die Spieler alle sehr, sehr enttäuscht. Aber wir können erhobenen Hauptes aus Berlin abreisen."