Während die Spieler sich im Trainingscamp am Rande von St. Petersburg in Florida auf die anstehende Saison in der NFL Europe vorbereiten, entwerfen die Liga-Bosse schon am Reißbrett Pläne für die bessere Erschließung des deutschen Marktes - denn die Saison findet fast ausschließlich in deutschen Stadien statt.
"Eine kompakte Liga hauptsächlich in Deutschland hat für uns die besten Perspektiven. Alle sagen, die deutschen Teams verkaufen sich besser", sagt Marshall Happer, Organisationschef der NFL Europe, und gibt zu: "Eigentlich könnte man die Liga fast NFL Germany nennen." Denn nach dem Aus der Scottish Claymores, die mit nur rund 10.000 Zuschauern im Schnitt die Erwartungen der Bosse aus den USA nicht erfüllten, sind die Amsterdam Admirals in der 13. Saison seit der Gründung 1991 der letzte verbliebene Klub, der nicht in Deutschland beheimatet ist.
"Hamburg ist ein großer Markt"
Für die Schotten installierte die Liga die Hamburg Sea Devils als insgesamt fünftes deutsches Team - in der Hoffnung, den Klubbesitzern der "Mutter" National Football League (NFL), die jährlich rund 16 Millionen Dollar in ihr Europa-Abenteuer investieren, bessere Zahlen zu präsentieren. "Hamburg ist ein großer Markt, eine Medienmetropole", sagt Happer, der seit 15 Jahren in Frankfurt lebt und die europäische NFL-Tochter seit der Geburt begleitet hat.
Die Hanseaten selbst spekulieren darauf, mehr Zuschauer anzulocken als die Sorgenkinder der Liga. "15.000 bis 20.000 beim ersten Spiel, damit wären wir sehr zufrieden", sagt Kathrin Platz, General Managerin der "Seeteufel". Happer gibt vorsichtig 10.000 bis 12.000 Fans als Maßgabe für den Neuling aus. Einen Schub erwartet der Amerikaner auch durch die Rückkehr von Rhein Fire nach zwei Jahren im Schalker Exil nach Düsseldorf. "Sie hatten vor ihrem Umzug nach Gelsenkirchen 35.000 Zuschauer im Stadion. Das können sie natürlich wieder erreichen."
Gesucht: Der Dirk Nowitzki der NFL
Steigern soll sich auch die Resonanz bei den Cologne Centurions, die in ihrer Premierensaison mit rund 11.000 Fans im Schnitt hinter den Erwartungen zurückblieben. World-Bowl-Sieger Berlin Thunder verbesserte sich zwar auf 14.000, doch im neuen Olympiastadion erwartet die Liga höhere Zahlen. Nach der Saison 2005 entscheiden die Besitzer der 32 NFL-Klubs in den USA, wie es mit der NFL Europe weitergeht. "Es geht aber nicht darum, die Liga zuzumachen", betont Happer, "sondern darum, die Etats abzusegnen und zu beraten, was man verbessern könnte."
Schließlich haben die US-Bosse mit ihrem millionenschweren Investment in Europa große Ziele: "Football soll international werden", sagt Happer: "Dafür brauchen wir eines Tages Hans Müller als Quarterback bei den San Francisco 49ers - einen wie Dirk Nowitzki in der NBA." Denn Deutschland, wo die NFL laut Happer im Merchandising bislang nur "Peanuts" verdient, sei neben Mexiko, Kanada, Japan und Großbritannien ein Hauptmarkt. Und mit einem deutschen Spieler, der es über die Europa-Liga in die National Football League geschafft habe, könne man diesen Markt vor allem in Sachen Fernsehrechte und Fanartikel erschließen.