Offiziell wurde Westfalia Herne die Lizenz wegen Frist-Versäumnissen verweigert. RevierSport und dem Fußball- und Leichtathletik-Verband Westfalen liegen andere Informationen vor, welche die Entscheidung möglicherweise beeinträchtigt haben. "Es ist ein Schreiben einer Privat-Person eingegangen", bestätigt der Vorsitzende des Fußball-Ausschusses Siegfried Hirche.
Konkret handelt es sich um den Fall Fatih Tastan. Der Stürmer, zurzeit bei Ahlens Amateuren unter Vertrag, streitet mit dem SCW vor dem Arbeitsgericht. Am Donnerstag, 27. Mai, findet erneut eine Verhandlung statt. "In meiner gesamten Zeit als Vorsitzender musste ich noch nie mit einem Spieler so weit gehen", grummelt "Schloss-Herr" Jürgen Stieneke. Rechtsanwalt Horst Kletke, der Tastan in dieser Angelegenheit vertritt, erläutert: "Bei diesem Termin handelt es sich um Geld-Forderungen." Stieneke hält dagegen: "Das ist völliger Unsinn."
Der Reihe nach. Tastan hat am 27. Februar 2002 einen Zwei-Jahres-Vertrag (vom 1. Juli 2002 bis 30. Juni 2004 - liegt RS vor) mit dem SC Westfalia Herne unterschrieben. "Korrekt", bestätigt der Vorsitzende. In diesem Kontrakt einigten sich beide Parteien auf eine monatliche Garantiesumme von 250 Euro plus 25 Euro Punkt-Prämie. "Stimmt, das hat unser damaliger Manager Vjentislav Mitov mit den Akteuren abgeschlossen", nickt Stieneke auch diese Tatsache ab.
Doch Mitov ging weiter. Er schloss mit Tastan eine Zusatz-Vereinbarung (siehe Abdruck). Stieneke ahnungslos: "Die kenne ich nicht." Darin werden dem Angreifer 615 Euro als Aufwands-Entschädigung zusätzlich garantiert, plus eine Auflaufprämie in Höhe von 77 Euro. "Was", schluckt Stieneke. "77 Euro für jeden Spieleinsatz?"
Auf der uns ebenfalls vorliegenden Steuerkarte wurden für den Zeitraum 1. Juli bis 31. Dezember 2002 lediglich 2.100 Euro vermerkt. Rechnet man die Zusatzvereinbarung dazu, hat Tastan im angegebenen Monat mehr verdient:
6 x 250 Euro Garantiesumme = 1.500 Euro 17 x 77 Euro Einsatzgeld = 1.309 Euro 16 x 25 Euro Punktprämie = 400 Euro 6 x 615 Euro Aufwands-Entschädigung = 3.690 Euro = 6.899 Euro.
Bleibt zu den abgeführten 2.100 Euro eine Differenz von 4.799 Euro. "Ich kann dazu nur sagen, dass wir vor einem Jahr bereits eine Lohnsteuerprüfung im Haus hatten. Bis auf eine Differenz von 50 Euro war alles in Ordnung", kann sich Stieneke die Behauptungen nicht erklären.
Stieneke nimmt zu den im Nachgefragt geäußerten Vorwürfen Tastans Stellung: "Die erste Anschuldigung, dass wir Geld im Umschlag geben, stimmt nicht. Außerdem erhalten die Spieler am Ende der Saison eine genaue Abrechnung." Stieneke zur Unwissenheit Tastans: "Billiger Blödsinn." Zu den genannten Forderungen: "Die haben ihre Ablöse doch gar nicht selber bezahlt. Das haben andere gemacht. Aber das ist der Dank. Tastan und Cihan Yilmaz hatten noch laufende Verträge bis 2004. Ich wollte ihnen keine Steine in den Weg legen. Also habe ich sie für kleines Geld ziehen lassen, obwohl ich viel mehr hätte bekommen können." Stieneke weiter. "Das ist eine Unverschämtheit, uns so durch den Kakao zu ziehen. Wir wickeln alles über die Knappschaft ab und kommen auch damit klar. Wir zahlen an die Berufsgenossenschaft und sind in der Sporthilfe."
Der Zusatz-Vereinbarung ist eindeutig zu entnehmen, dass Tastan im Falle einer vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses zwischen dem damaligen Trainer Hans-Werner Moser und dem Verein ablösefrei wechseln kann. "Aber nur in der gleichen Saison", streicht Stieneke heraus. "Er hat im Sommer aber nicht gekündigt, also ist es gegenstandslos." Kletke: "Da kann man unterschiedlicher Einschätzung sein. Tastan hat dieses Sonderkündigungsrecht, egal wann er geht. Zudem stehen ihm 50 Prozent seiner Ablöse zu. Außerdem stehen auch noch bisher nicht gezahlte Gehälter aus. Dieser Verpflichtung ist Herne auch noch nicht nachgekommen." Das Arbeitsgericht wird mit Sicherheit Licht ins Dunkel bringen ...
Sündenbock" Pelster: Falsche Infos
Auch intern brodelt es in Herne heftig. Nach der Nichterteilung der Lizenz ist Peter Pelster, seinerseits zweiter stellvertredender Vorsitzender, der "Sündenbock". "Er hat uns den 31. März als Stichtag genannt", macht SC-Vorsitzender Jürgen Stieneke klar. "Das war in der vorherigen Jahren immer an diesem Tag, deshalb habe ich mich darauf verlassen. Wir hatten die Unterlagen bereits am 18. März fertig, aber erst zur Frist, dem 31., eingereicht." Der Beschuldigte kontert die Attacken: "Davon bin ich wenig begeistert. Ich habe die Formulare Anfang März dem Verein übertragen, weil ich wegen privater Probleme nicht in der Lage war, die Sache zu übernehmen. Ich werde mir überlegen, ob ich weitere Schritte einleite." Stieneke: "Soll er machen."