Doch dass der Fußball letztendlich nur ein Spiel ist, der unserer Gesellschaft unheimlichen Spaß bereitet, aber im Leben richtig eingeordnet werden sollte und dass dieses Spiel nicht über allem stehen sollte, erlebte KFC-Spieler Assimiou Touré vor rund vier Jahren am eigenen Leibe. Da sah der damals 22-Jährige sogar dem Tod ins Gesicht.
Anfang Januar reiste der bei Bayer Leverkusen ausgebildete Touré mit der togolesischen Nationalmannschaft zum Afrika-Cup in Angola. Im Hotel war die Stimmung beim Team um Star Emmanuel Adebayor noch ausgelassen. „Wir machten Witze, sangen und waren fröhlich wie immer“, erinnert sich der heutige Regionalligaspieler.
Nur 15 Minuten später wurde aus dem Spaß ein Kampf ums Überleben. Als der togolesische Nationalmannschafts-Bus aus dem Kongo kommend die Grenze zu Angola überquerte, passierte es: angolanische Rebellen der Befreiungsfront für die Unabhängigkeit von Cabinda, kurz Flec, befeurten den togolesischen Bus mit Maschinengewehren. Der Anschlag auf die Fußballer dauerte nur wenige Minuten, doch Pressesprecher Stanislas Ocloo, Assistenztrainer Abolo Amelete sowie der Busfahrer mussten ihr Leben lassen. Andere Spieler und Funktionäre wurden verletzt. Touré passierte glücklicherweise nichts – trotzdem erlebte er einen Horrorfilm, der ihn das ganze Leben begleiten wird.
Bein-Amputation stand zu Debatte
Nicht zuletzt aufgrund dieser Schreckensbilder kann Touré nicht mehr viel im Leben umhauen. 2007 hatte der Defensivspezialist einen komplizierten Schien- und Wadenbeinbruch. Auch wenn der sympathische Afrikaner versucht, die Verletzung etwas runterzuspielen, verrät KFC-Trainer Eric van der Luer, wie schlecht es damals um Tourés Bein stand: „Wenn ich dieses Bein sehe, dann ist das unglaublich. Die ganzen Narben. Im schlimmsten Falle hätte Assi amputiert werden müssen. Das ist so ein feiner Junge, der schon so viel im Leben erlebt hat und er ist immer wieder aufgestanden. Ich freue mich, dass ich ihn trainieren darf.“
Der bescheidene 18-fache Zweitligaspieler (Arminia Bielefeld, VfL Osnabrück) steht aktuell mit dem KFC Uerdingen im Abstiegskampf der Regionalliga. Doch es ist nicht verwunderlich, dass die schlechte sportliche Situation ihn aufgrund seiner Erlebnisse in der Vergangenheit nicht umwerfen kann. Touré: „Ich weiß, wie wichtig der Verbleib in der Liga für den Verein und die Fans ist. Ich bin auch überzeugt davon, dass wir das packen werden. Doch es ist nicht so, dass ich jeden Tag daran denke. Ich weiß auch, wie schnell, das Leben vorbei sein kann. Ich genieße das Leben und versuche gar nicht so weit in die Zukunft zu blicken.“
Zwei Bundesligaspiele, 18 Zweitliga-Partien und zwei Einsätze bei der WM 2006 in Deutschland sollten eigentlich Lust auf mehr machen, als nur Regionalliga-Gekicke. Touré ist mit seinen 26 Jahren im besten Fußballalter, doch auch wenn er in Richtung Profigeschäft auch noch Träume hat, lässt er sich keinesfalls unter Druck setzen. „Das Geschäft ist so schnelllebig. Heute kannst du bei einer WM oder einem Bundesligaspiel dabei sein und morgen ziehst du dir eine Verletzung zu, die dich ein Jahr außer Gefecht setzt. Es macht keinen Sinn große Pläne aufzustellen. Wir werden sehen, was die Zeit bringt.“
Der 8. Januar 2010 hat den überaus sympathischen Touré wohl eines gelehrt: Pläne zu schmieden ist, das ist schon ein Luxus...