Wenn es nach dem kommissarischen Präsidenten des italienischen Fußball-Verbandes (FIGC), Guido Rossi, geht, drohen den in den italienischen Manipulationsskandal verwickelten Vereinen und Personen drastische Strafen. Eine Amnestie lehnt Rossi strikt ab.
"Der Vorschlag der Amnestie ist unannehmbar"
"Ich bin gegen jegliche Amnestie. Der Sieg der Azzurri bei der WM hat nichts mit dem Prozess in Rom zu tun. Der Prozess beweist, dass das italienische Fußballsystem krank ist. Der Vorschlag einer Amnestie ist absolut unannehmbar", sagte Rossi in einer Ansprache vor der Abgeordnetenkammer.
Die Krise im Land des Weltmeisters sei vor allem auf Interessenkonflikte und ein schwaches Regelwerk zurückzuführen. "Die Rolle der Aufseher haben diejenigen übernommen, die selber kontrolliert werden müssten. Die schwächeren Klubs haben stets unter der Domäne der Großen gelitten, so dass es zu oft zu unkorrektem Verhalten kam", meinte Rossi.
Der Verbandschef, der nach dem Rücktritt seines Vorgängers Franco Carrara das Ruder der FIGC übernahm, wies außerdem auf ein großes Defizit in der Verbandskasse hin. "Das Nettovermögen des Verbandes ist von 2001 bis 2005 von 41 Millionen Euro auf sechs Millionen zusammengeschrumpft. Es muss so rasch wie möglich ein transparentes Kontrollsystem über die Ausgaben eingeführt werden", mahnte Rossi.
Urteile am Freitagabend erwartet
Die in den Skandal verwickelten Klubs Juventus Turin, AC Mailand, AC Florenz und Lazio Rom warten derweil auf die Urteile, die voraussichtlich am Freitagabend verkündet werden. Milan-Boss Silvio Berlusconi warnte vor drakonischen Strafen, die vor allem Spieler und Tifosi hart treffen würden. "Es ist fair, dass die wahren Verantwortlichen dieses Skandals wegen Sportbetrugs verurteilt werden, die Manager, die Schiedsrichter. Das muss in einem fairen Prozess erfolgen. Der laufende Prozess ist mit viel zu großer Eile geführt worden. Die Zeugen werden nicht in aller Ruhe vernommen", sagte der ehemalige italienische Ministerpräsident der Sporttageszeitung Gazzetta dello Sport.
"Wir waren Opfer eines Systems"
Berlusconi beteuerte die Unschuld seines Klubs. "Milan ist bei zwei Meisterschaften auf Platz zwei gelandet. Wir waren Opfer eines Systems", betonte Berlusconi. Staatsanwalt Stefano Palazzi hatte strenge Strafen gefordert: Für Juventus den Zwangsabstieg in die dritte Liga, Abzug von sechs Punkten bei Saisonbeginn und die Aberkennung der Meistertitel der vergangenen beiden Jahre. Vizemeister AC Mailand soll in die zweite Liga zwangsversetzt werden und mit drei Minuspunkten an den Start gehen. Für den AC Florenz und Lazio Rom forderte Palazzi ebenfalls den Abstieg in die Serie B und zusätzlich den Abzug von 15 Zählern.
Vergleichsweise geringe Strafen sollen die Hauptverdächtigen erhalten. Der ehemalige Juve-Sportdirektor Luciano Moggi und der zurückgetretene Verbandschef Carraro sollen unter anderem ein fünfjähriges Betätigungsverbot im Fußball erhalten. Eine Fünfjahressperre sollen auch der ehemalige Juventus-Geschäftsführer Antonio Giraudo, Lazio-Klubchef Claudio Lotito und Florenz-Boss Diego Della Valle erhalten. Adriano Galliani, zurückgetretener Liga-Chef und Milan-Vizepräsident, soll zwei Jahre aus der italienischen Fußball-Szene verschwinden.
Suspendierungen drohen auch den ehemaligen Schiedsrichter-Koordinatoren Pierluigi Pairetto und Paolo Bergamo sowie den Referees Gianluca Paparesta und Massimo De Santis. Letzterer hätte ursprünglich bei der WM pfeifen sollen, war aber vor Beginn des Turniers vom Verband zurückgezogen worden. De Santis, der gemeinsam mit Moggi als Drahtzieher bei zahlreichen Spielabsprachen gilt, droht eine fünfjährige Sperre.