Frankreich hat es dem Deutschen Fußball-Bund vorgemacht und in Raymond Domenech einen neuen Nationaltrainer gefunden. Völlig überraschend setzte sich Domenech gegen prominente Rivalen wie Jean Tigana (Europameister 1984, 52 Länderspiele, 1 Tor) oder Laurent Blanc (Weltmeister 1998, Europameister 2000, 97 Länderspiele, 16 Tore) durch. Der bisherige U21-Coach beerbt Jacques Santini, der bereits vor dem Viertelfinal-Aus von Titelverteidiger Frankreich bei der EM in Portugal seinen Wechsel zum englischen Premier-League-Klub Tottenham Hotspur bekannt gegeben hatte.
Während der Deutsche Fußball-Bund (DFB) nach dem Rücktritt von Teamchef Rudi Völler sowie den Absagen von Ottmar Hitzfeld und Otto Rehhagel weiter nach einem Bundestrainer sucht, setzen die Franzosen weiterhin Vertrauen in ihre Verbandsarbeit. Ausschlaggebend für Domenech war ein 20-minütiges Plädoyer von Weltmeister-Trainer Aime Jacquet, der nicht mehr einverstanden war mit der Tatsache, dass der Verband der eigenen Arbeit misstraue und immer nur in fremden Revieren wildere.
Domenech noch ohne großen Erfolg
Domenech ist nicht umstritten. Er hat viele zweite und dritte oder vierte Plätze gewonnen, aber nie den großen Erfolg vorzuweisen gehabt. Der achtmalige Nationalspieler war Pokalsieger mit Lyon (1973), Meister mit Straßburg (1979), erneut Pokalsieger mit Paris St. Germain (1982), bevor er mit Girondins Bordeaux noch einmal Meister wurde (1984 mit Gernot Rohr und Dieter Müller). Insgesamt hat Domenech 432 Erstligaspiele und acht Länderspiele bestritten.
Seinen ersten Vertrag mit Frankreichs Verband (FFF) hat Domenech nach "drei Tagen Arbeitslosigkeit" am 1. Juli 1993 unterschrieben, wie er der französischen Sport-Tageszeitschrift L'Equipe erzählt hat. Bis vergangenen Sonntagnachmittag wusste der Ex-Profi nichts von seinem Erfolg. Domenech hatte seine Lebensgefährtin zur Geburt der gemeinsamen Tochter in eine Klinik begleitet. Das Mädchen heißt "Victoire" - Sieg.
Blanc fehlen die Diplome
Bei der Auswahl wurde Blanc Opfer seiner fehlenden Diplome und Jean Tigana seiner Nähe zum Verbands-Vizepräsidenten und französischen Idol Michel Platini, die FFF-Boss Claude Simonet von Tag zu Tag mehr ärgert. Diese Umstände erinnern zwar ansatzweise auch an die Schwierigkeiten des DFB. Ihr personell wichtigstes Problem haben die Franzosen anders als die Deutschen allerdings seit Montag gelöst.
Domenech feiert gegen Bosnien-Herzegowina sein Debüt
Der 52-Jährige Domenech, der mit Frankreichs Stars Zinedine Zidane oder Thierry Henry bereits als Junioren-Coach zusammengearbeitet hat, feiert sein Debüt auf der Bank des Ex-Welt- und Europameisters am 18. August im Testspiel in Rennes gegen Bosnien-Herzegowina. Das erste Qualifikationsspiel zur WM 2006 in Deutschland bestreiten die Franzosen am 4. September in Paris gegen Israel. Weitere Gruppengegner der "Equipe tricolore" sind die Schweiz, Irland, Zypern und die Färöer.