Rein optisch setzt sich Jens Lehmann von seinen Torwart-Kollegen deutlich ab. Während Oliver Kahn und Timo Hildebrand in Standard-Modellen ihre schweißtreibende Arbeit auf dem Trainingsplatz verrichten, fällt Deutschlands neue Nummer eins durch goldenes Schuhwerk auf.
Volle Konzentration auf die WM
Aber nicht nur wegen seiner außergewöhnlichen Treter stand der Keeper vom FC Arsenal an seinem ersten Arbeitstag im Rahmen der WM-Vorbereitung der DFB-Auswahl im Scheinwerferlicht der Fotografen und Kamerateams. Durch seine Rote Karte im Champions-League-Finale am vergangenen Mittwoch gegen den FC Barcelona (1:2) war Lehmann noch mehr in den Mittelpunkt des Interesses gerückt, was ihn äußerlich aber kalt ließ.
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"Ich bin froh, dass ich jetzt wieder regelmäßig trainiere und mich voll auf die WM konzentrieren kann. Jetzt geht es darum, in eine optimale Verfassung zu kommen", sagt der 36-Jährige und wirkte dabei vollkommen relaxt. Über den Platzverweis habe er nach seiner Ankunft am Sonntag in Genf kurz mit einigen Mitspielern gesprochen, dabei sei aber lediglich die unterschiedliche Regelauslegung ein Thema gewesen. Er selbst habe angesichts der neuen Aufgabe aber nach drei Tagen im Kreis seiner Familie in London dieses Thema verdrängt.
"Brauche keine Therapie"
""Ich brauche auch keine Therapie", macht Lehmann klar, der ansonsten gerne das Gespräch mit dem DFB-Sportpsychologen Hans-Dieter Hermann sucht. "Wir haben auch in London einen Psychologen, aber er analysiert ähnlich wie bei der Nationalmannschaft gewisse Abläufe und bringt sich in den Trainingsbetrieb ein. Das hat nicht mit einer klassischen Therapie zu tun", fügt er an.
Der frühere Schalke- und BVB-Profi, der in Absprache mit Bundestrainer Jürgen Klinsmann nicht zum so genannten Regenerations-Trainingslager nach Sardinien nachreisen musste, wirkt in der Tat äußerst selbstbewusst. Nicht zuletzt die Entscheidung in der Torwart-Frage zu seinen Gunsten habe ihm noch einen Extra-Schub gegeben: "Das motiviert zusätzlich. Da habe ich jahrelang drauf hingearbeitet und nun den Lohn geerntet", erklärt Lehmann, der keine Probleme mit seinem langjährigen Rivalen Oliver Kahn erwartet.
"Wir handhaben das recht locker. Vielleicht ergibt sich noch mal ein längeres Gespräch mit ihm, vielleicht nicht", berichtet Lehmann, der am Montagmorgen mit Kahn am Frühstückstisch "über alles mögliche", aber nicht über Entscheidung in der T-Frage oder die entscheidende Szene vom vergangenen Mittwoch gesprochen hat.
Auch mit der sportlichen Leitung hatte er nach der Ankunft am Genfer See noch keinen ausführlichen Kontakt. "Das werden wir noch nachholen. So dringend ist das auch nicht", sagt Klinsmanns Co-Trainer Jogi Löw und ergänzt: "Jens hat man nicht angemerkt, dass er eine Enttäuschung mit sich trägt. Er wirkt gut gelaunt und ausgeglichen."
Diesen Eindruck vermittelt Lehmann in der Tat. "Wir sollten die WM alle genießen, nicht an den großen Druck denken. Ich habe in der Champions League gespürt, dass er sehr viel Spaß macht, große Spiele zu spielen. Viertelfinale, Halbfinale, Finale, das ist eine einmalige Atmosphäre. Ich bin fest davon überzeugt, dass wir mit unserer Mannschaft bei der WM auch so einen Weg gehen und den ganz großen Wurf landen können ."
Dass die deutsche Mannschaft noch zu unerfahren sei, um in einem WM-Turnier zu bestehen, ist für dem England-Legionär schlichtweg Unsinn: "Wir haben bei Arsenal in dieser Saison 24-mal die Abwehr geändert, und waren trotzdem erfolgreich. Zudem standen bei uns manchmal drei bis vier 18-Jährige auf dem Platz - vergleichbar dazu haben wir hier eine recht erfahrene Mannschaft."
Mit seiner eigenen Erfahrung will Lehmann in seiner neuen Rolle seinen Beitrag zum Erfolg leisten, er ist aber sicher: "Wunderdinge wird keiner von mir erwarten. Ich bin einer von 23. Jeder ist wichtig und hat Verantwortung zu tragen." Er selbst werde so sein wie immer: "Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Trainer verlangen, dass ich mich großartig verändere. Dann müsste ich mich ja verstellen."
Kritik am WM-Ball
Unterdessen hat der Nationaltorwart den offiziellen WM-Ball "Teamgeist" kritisiert. "Der Ball ist sehr schnell. Bei Regen ist er für die Torhüter nicht angenehm", sagte die Nummer eins der deutschen Nationalmannschaft am Montag in Genf. Generell würden die großen Sportartikel-Hersteller wie adidas, Ausrüster des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) und des Weltverbandes FIFA, oder auch Nike dazu neigen, "Bälle herzustellen, die den Torwart schlecht aussehen lassen. Die sind zwar optisch spektakulär und für die Fans gut, aber wir Torleute sind die Leidtragenden."