Die deutsche Nationalmannschaft ist 100 Tage vor dem WM-Auftakt nach einer desolaten Leistung beim dreimaligen Weltmeister Italien am Tiefpunkt angekommen. Das Team von Bundestrainer Jürgen Klinsmann erlebte beim 1:4 (0:3) gegen die "Squadra Azzurra" in Florenz sein blaues Wunder. Die Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) konnte zu keiner Zeit an die phasenweise gute Leistung vom 0:0 in Frankreich im November anknüpfen und musste einen bösen Rückschlag zum Beginn des WM-Jahres hinnehmen.
Höchste Niederlage für Klinsmann
Alberto Gilardino (4.), Luca Toni (7.), Daniele De Rossi (39.) und Alessandro Del Piero (57.) schossen vor 28.317 Zuschauern beim Ehrentreffer durch Robert Huth (82.) den hoch verdienten Sieg der Italiener heraus und bescherten Klinsmann die höchste Pleite seiner Amtszeit. Für den DFB war es die höchste Niederlage seit dem 1:5 in Rumänien am 28. April 2004 und die deftigste Pleite überhaupt gegen den alten Rivalen Italien. Zugleich war es das 16. Spiel gegen einen der Großen im Weltfußball ohne Sieg seit dem 7. Oktober 2000 (1:0 in England).
Vor allem in der Anfangsphase präsentierte sich die junge deutsche Abwehr aus Arne Friedrich, Per Mertesacker, Huth und Philipp Lahm wie ein Hühnerhaufen. Nach dieser desaströsen Vorstellung dürfte der Rauswurf von Routinier Christian Wörns durch den Bundestrainer wieder ein Thema werden.
Ballack nicht zu sehen
Auch im Spiel nach vorne zeigte die DFB-Auswahl gar nichts. Kapitän Michael Ballack, um den vor dem Spiel wieder Wechselgerüchte zum FC Chelsea kursierten, tauchte völlig ab. Auch Sebastian Deisler und Bernd Schneider vermochten keinerlei Impulse zu setzen, die Stürmer Miroslav Klose und Lukas Podolski hingen völlig in der Luft.
"Wir hatten uns das natürlich ganz anders vorgenommen", sagte Nationalmannschaft-Manager Oliver Bierhoff bereits in der Halbzeitpause: "Wir waren sicher auch ein bisschen verunsichert nach dem dummen ersten Gegentor. Wir hatten einen fünfminütigen Blackout. Aber es fehlte auch die letzte Überzeugung und das letzte Selbstvertrauen." Auch Ballack gestand die Fehler ehrlich ein: "Es ist eigentlich unerklärlich, wie man so schnell in Rückstand gerät. Vier Stück, das ist natürlich bitter, und da hat man keine Argumente."
Früher Doppelschlag bricht DFB-Auswahl das Genick
Das DFB-Team wurde gleich in der Anfangsphase kalt erwischt. Bereits nach sieben Minuten stand es 2:0 für die Gastgeber, die von Beginn an wie entfesselt aufspielten und die Gäste mit ihrem Pressing und technischer Raffinesse vom Start weg vor große Probleme stellten. Bereits in der vierten Minute musste Jens Lehmann zum ersten Mal hinter sich greifen, nachdem er zuvor gegen Italiens Kapitän Fabio Cannavaro zunächst glänzend gerettet hatte. Den Abpraller verwertete Gilardino vom AC Mailand problemlos zum 1:0.
Nur drei Minuten später befand sich die junge deutsche Abwehr erneut im Tiefschlaf, den Lokalmatador Toni vom AC Florenz gnadenlos zum zweiten italienischen Treffer ausnutzte. Auslöser des Gegentreffers war allerdings ein katastrophaler Fehlpass im Mittelfeld von Deisler, der überhaupt nicht ins Spiel fand.
Camoranesi legt zwei Tore vor
Damit befand sich der Münchner allerdings in bester Gesellschaft, denn auch seine Klubkollegen Torsten Frings und Ballack sowie Friedrich spielten weit unter ihren Möglichkeiten. Die "Azzurri" führten die deutsche Mannschaft über weite Strecken regelrecht vor. Die nächste große Torchance des Teams von Trainer Marcello Lippi vergab Gilardino in der 31. Minute, als er aus aussichtsreicher Position nur knapp das Ziel verfehlte. Besser machte es De Rossi. Der Mittelfeldspieler vom AS Rom traf per Kopf in der 39. Minute nach einer Kopfballvorlage von Mauro Camoranesi, der auch beim vierten Treffer von Juventus Turins Superstar Del Piero per Kopf die Vorarbeit leistete.
Die DFB-Auswahl konnte sich so gut wie gar nicht vom Druck der Gastgeber befreien und hatte in den ersten 45 Minuten lediglich eine gute Möglichkeit durch Deisler, der nach Vorlage von Ballack allerdings am ansonsten beschäftigungslosen Torwart Gianluigi Buffon scheiterte. Huth traf in der Schlussphase aus kurzer Distanz nach einem Eckball von Deisler.