Das heutige Länderspiel in Paris gegen Frankreich ist das letzte Testspiel der deutschen Nationalmannschaft in diesem Jahr. Sieben Monate vor WM-Beginn will die Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) mit einem Sieg gegen den Weltmeister von 1998 endlich die leidige Negativserie gegen die großen Fußballnationen beenden. Für Unruhe sorgten jedoch die Äußerungen von Torhüter Jens Lehmann, der einen Tag vor dem Prestige-Duell Rücktrittsgedanken formulierte, falls er bei der WM im eigenen Land nur die Nummer zwei im deutschen Tor sein sollte.
Klinsmann will gewinnen
"Das ist ein wichtiger Gradmesser gegen eine Weltklassemannschaft. Ich erwarte eine sehr engagierte und gute Leistung. Das bleibt in der dreieinhalbmonatigen Pause hängen", sagte Klinsmann und fügte trotz der zuletzt dürftigen Auftritte seiner Mannschaft mit Zuversicht an: "Wir sind mit viel Selbstvertrauen nach Paris gekommen und wollen das Spiel gewinnen."
Größeren Druck würden er und seine Spieler nicht spüren, obwohl der letzte Sieg gegen einen Top-Gegner bereits über fünf Jahre (7. Oktober 2000, 1:0 in England) zurückliegt, versicherte Klinsmann: "Das ist kein Problem, weil wir wissen, dass wir auf dem Weg dahin sind, einen Großen zu schlagen. Sollte es diesmal nicht gelingen, dann eben bei der WM." Wie wichtig allerdings ein Erfolg am Samstag im "Stade de France" für das Selbstvertrauen und für die nötige Ruhe bis zum nächsten Länderspiel am 1. März 2006 in Italien sein würde, verdeutlichte der Nachsatz des Bundestrainers: "Der Tag wird kommen - umso früher, umso besser."
Große Bedeutung für Klinsmann hat deshalb, dass er seinen Kapitän wieder an Bord hat. Michael Ballack war zuletzt gegen China (1:0) und die Türkei (1:2) ausgefallen. Zudem kann der Bundestrainer im Angriff wieder Miroslav Klose aufbieten, der gegen die Franzosen sein 50. Länderspiel absolviert und zusammen mit Lukas Podolski für die nötige Torgefahr sorgen soll.
Huth und Mertesacker sollen Traumsturm stoppen
Die wichtigste Aufgabe wird aller Voraussicht nach aber der jungen, zuletzt sehr anfälligen deutschen Abwehr vor Torwart Lehmann zukommen, um dem französischen Traumsturm mit Thierry Henry und David Trezeguet Paroli zu bieten. Neben dem gesetzten Per Mertesacker wird Klinsmann nach dem Ausfall von Christoph Metzelder in der Innenverteidigung wohl erneut Robert Huth vertrauen, obwohl der 21-Jährige bei Chelsea London weiterhin nur zweite Wahl ist.
Generell seien solche Erfahrungswerte gegen einen Gegner wie Frankreich "unbezahlbar". "Das werden Minuten sein, die sie aufsaugen und von denen sie zehren werden", meinte Klinsmann, der nicht glaubt, dass Frankreich durch den Trip in dieser Woche nach Martinique zum Benefizspiel gegen Costa Rica (3:2) geschwächt sei: "Am Samstagabend denkt da keiner mehr an Costa Rica. Da geht es ums Prestige, die wollen Deutschland schlagen."
Umgekehrt ist es genauso. Wie das gegen die laut Lehmann "Creme de la Creme des internationalen Fußballs" funktionieren soll, verdeutlichte der Keeper von Arsenal London gleich selbst: "Wir müssen ihnen im Mittelfeld die Zeit nehmen, um schnell zu spielen. Nur so können wir etwa Thierry Henry stoppen." Darüber hinaus habe die DFB-Auswahl aber auch die Verpflichtung, so der Keeper weiter, "die Leute zu unterhalten. Die Leute langweilt dieser Ergebnis-Fußball." Das habe auch der Konföderationen-Cup gezeigt.
Letzter Auftritt für Lehmann im DFB-Dress?
Für Lehmann, der im Zuge der Rotation den Vorzug vor seinem Rivalen Oliver Kahn erhält, wird es das 28. Länderspiel. Ob es möglicherweise sogar sein letztes sein wird, hängt auch davon ab, wann sich Klinsmann auf seine Nummer eins für die WM festlegt. Sollte dies nämlich wie erwartet Oliver Kahn sein, erwägt der 36 Jahre alte Lehmann seinen Rücktritt. "Es würde mir sehr, sehr schwer fallen, mich bei einem Turnier noch einmal auf die Bank zu setzen. Das ist mein aktuelles Gefühl, könnte aber in den nächsten Monaten keine Gültigkeit mehr haben", sagte Lehmann.
Dagegen ist die Zukunft von Teammanager Oliver Bierhoff für die kommenden Jahre sicher. Per Handschlag einigte sich der frühere Kapitän der Nationalelf mit DFB-Präsident Theo Zwanziger auf eine weitere Zusammenarbeit. Die Vertragsdauer muss allerdings noch verhandelt werden.
Diese "erfreuliche Nachricht" ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass sich Klinsmann selbst erst nach der WM entscheiden wird: "Ich habe gesagt, dass meine Bereitschaft da ist, nach der WM weiterzumachen. Eine endgültige Entscheidung hängt aber nach wie vor von der sportlichen Entwicklung ab."