Die Antwort auf die Frage, warum er seine Freizeit dem unterklassigen Kick jedweder Art widmet, kommt von Marius Leismann. Er ist Regionalkontakter der „GASA“ für den Fußballverband Westfalen. Seine Mission: Den Amateurfußball salonfähig machen.
Oder, wie Leismann es lieber selbst ausdrückt, weil der Salon eben so stark nach Loge klingt: „Fußball ist im Dreck zuhause. Wenn wir es schaffen, dass die Zuschauer wieder ein Gefühl dafür kriegen, dann ist alles in Ordnung.“
Leismann selbst ist glühender Anhänger des Oberligisten SV Lippstadt. Knapp eine Woche nach der ersten „Lokalrunde - Tag des Amateurfußballs“, den die „GASA - Glotze aus, Stadion an“ am 12.10. nach dem Vorbild des englischen „Non-League-Day“ veranstaltet hat, startete in seiner Heimatstadt die „Herbstwoche“. „Auf der Kirmes habe ich Trainer und Spieler vom SV und auch deren Freundinnen getroffen und mich ungestört mit ihnen unterhalten“, berichtet Leismann und zieht einen Vergleich: „In der Bundesliga wäre das doch nicht möglich.“ Ganz so nah muss es ja auch nicht immer sein. Leismann will aber mit dem Projekt, bei dem er mit Deutschland-Koordinator Dirk Mederer eng zusammenarbeitet, mehr Druck auf den Kessel „Amateurfußball“ kriegen. Gesagt, getan? Denkste - die Fußball-Hochburg Nordrhein-Westfalen und insbesondere das Ruhrgebiet waren für die Idee der „Lokalrunde“ kaum zu begeistern.
An diesem Tag nämlich soll die Spielpause in den Bundesligen genutzt werden, um die Zuschauer auf den Fußballplatz „umme Ecke“ zu locken. Im Dezember des letzten Jahres reiste Leismann mit einer fünfköpfigen Delegation aus Lippstadt nach Hamburg, wo das „GASA“-Vernetzungstreffen im Stadion von Viktoria Hamburg stattfand. „Wir haben uns Gedanken darüber gemacht, wie wir den Amateurfußball stärken können.“ Dabei sei die Idee entsprungen, eine bundesweite Aktion zu starten.
„Solche Tage sollen nach Möglichkeit dann stattfinden, wenn in den Bundesligen der Ball ruht. Im Idealfall spielt dann noch die Nationalmannschaft“, begründet Leismann die Wahl des Datums. Das Prinzip ist denkbar einfach. Auf der Internetplattform der „Lokalrunde“ wird die Partie eingetragen, Datum, Uhrzeit rein - feddich is die Laube... Im hohen Norden übrigens ist die Aktion richtig eingeschlagen. „Wir haben die Rückmeldung bekommen, dass ein Kreisligist, der sonst nur 10 Zuschauer pro Spiel hatte, plötzlich 150 Gäste zählen durfte. Einer hat erzählt, dass die Kassiererin Tränen in den Augen hatte, weil die Einnahmen für eine ganze Saison quasi an einem Spieltag drin waren“, hat Leismann schon ein Beispiel parat. Dort hat der Verband übrigens mitgezogen. Ohne mit der Wimper zu zucken.
150 Gäste lassen die Kasse klingeln
In NRW hat sich das noch nicht flächendeckend herumgesprochen. Oder wollte es einfach nicht. Leismann schildert seine abenteuerliche Odyssee durch die Welt der Vereine, die das Vorhaben scheinbar nur wenig berührte. „Ich habe alle Vereine von der Oberliga abwärts angeschrieben und nirgendwo positives Feedback bekommen. Dann habe ich den Verband direkt angesprochen. Auch da kam keine Rückmeldung“, ist er enttäuscht.
Dabei wäre es im Prinzip denkbar einfach. „Es gibt doch einen E-Mail-Verteiler in jedem Verband. Das wäre doch schon eine Möglichkeit gewesen“, rätselt Leismann noch immer über die mangelnde Unterstützung. Insgesamt haben sich in ganz Deutschland 80 Vereine an der Aktion beteiligt.
„Im Ruhrgebiet“, überspitzt Leismann die Lage ein wenig, „spielt doch an jeder Gieskanne ein Fußballverein.“ Da fängt es aber schon bei der Organisation an. „Wir haben für den Verband Niederrhein leider keinen Regionalkontakter. Wenn sich da jemand finden sollte, wäre uns sehr geholfen“, hofft er auf das freiwillige Engagement Gleichgesinnter. Dann bleiben Bilder wie von der Choreographie „Wickede international“ beim Dortmunder Kreispokal-Endspiel künftig keine Seltenheit mehr.
Bei 160 Vereinen gibt es eine Flasche Sekt - oder Bier
Für die „GASA“-Organisatoren wie Leismann und Mederer ist klar, dass selbst bei Verbreitung der Idee kein sprunghafter Anstieg der Zuschauerzahlen aus dem Nichts zu erwaten sein wird. „Wenn aber von den 150 Leuten nur zehn beim nächsten Spiel wieder am Platz sind, ist das schon ein Fortschritt“, findet der Regionalkontakter für den Fußballverband Westfalen.
Von dem bunten Kirmestreiben erholt, ist Leismann auch wieder voll dabei, wenn es darum geht, eine Bilanz unter den ersten Aktionstag zu ziehen. „Insgesamt sind wir zufrieden“, klammert er die mangelnde Unterstützung für den Moment aus, „es ist natürlich immer Luft nach oben.“
Eine Hausnummer für die nächste „Lokalrunde“ nennt Leismann übrigens auch. „Wenn es 160 Vereine sind, die sich daran beteiligen, machen wir eine Flasche Sekt auf.“ Oder vielleicht doch besser ein Bier. Das riecht nämlich mehr nach Fußball.