Unglücklich hatten sie gerade verloren, in der 90. Minute eine bittere Rote Karte kassiert - und das alles nach Monaten im tiefsten Chaos. Trotzdem überwog am Ende der Stolz beim MSV Duisburg. "Wir haben super gekämpft, hinten wenig zugelassen", resümierte der neue Trainer Karsten Baumann nach der 0:1 (0:0)-Niederlage gegen den 1. FC Heidenheim zum Saisonauftakt in der 3. Fußball-Liga: "Auf der Leistung können wir auf jeden Fall aufbauen, in ein paar Wochen wird es schon ganz anders aussehen."
Und dann waren da noch die leidgeprüften Fans des Zweitliga-Zwangsabsteigers, 18.111 kamen und sorgten für Gänsehautstimmung. "Überragend", fand Baumann sichtlich berührt, "was hier im Stadion los war. Die Fans hatten ein feines Gespür dafür, wann die Mannschaft Unterstützung brauchte. Die Duisburger haben gezeigt, dass die Stadt hinter dem Verein steht." Selbst Heidenheims Coach Frank Schmidt zeigte sich beeindruckt und sprach von einer "wahnsinnigen Kulisse".
Selbst nach der Zweitliga-Lizenzverweigerung fesselte die Zebras wochenlang die Angst vor der Insolvenz und dem totalen Absturz in den Amateurfußball. Teile der Führungsetage wurden ausgetauscht, nur sechs Spieler aus der vergangenen Saison blieben. Baumann musste quasi als Baumeister innerhalb kürzester Zeit aus einem Mini-Kader mit 18 Spielern ein funktionierendes Team basteln.
Und das klappte erstaunlich gut. Gegen den Aufstiegsmitfavoriten aus Heidenheim, der den Relegationsplatz in der vergangenen Saison erst am letzten Spieltag verspielt hatte, hielt Duisburg dank einer leidenschaftlichen und hochkonzentrierten Vorstellung lange mit. Ein Punkt schien zum Greifen nahe - dann kam die 76. Minute und Heidenheims Sebastian Griesbeck.
"Das ist bitter für uns, nach einer Standardsituation zu verlieren", sagte Baumann, "die Spieler sind in der Kabine natürlich enttäuscht, aber ich habe ihnen gesagt, dass sie kein Grund haben sich zu verstecken. Sie können erhobenen Hauptes aus dem Stadion gehen."
Einer, der das wohl nicht tat, war Kevin Wolze. "Die Rote Karte war dumm. Es tut mir leid, dass ich der Mannschaft einen solchen Bärendienst erwiesen habe", sagte der Mittelfeldspieler reumütig zu seiner übermotivierten Attacke in der 90. Minute gegen Heidenheims Michael Deutsche. Wolze, der "von den Fans immer wieder nach vorne gepusht" worden war, hofft, dass er "nur zwei Spiele fehlen" werde.
Dann dürfte auch Duisburgs Angriffsspiel mehr Gefahr entfachen - davon ist jedenfalls Baumann überzeugt: "Das Zusammenspiel wird in den nächsten Wochen besser werden", versprach der 43-Jährige. Sein Kapitän Markus Bollmann pflichtete ihm bei: "Den Trainingsrückstand müssen wir jetzt aufarbeiten, aber einige Automatismen haben wir schon gut verinnerlicht." Das erkannten auch die 18.111 Zuschauer. Sie werden sicher wiederkommen.