So unterschiedlich kann ein Fußballtag sein. Fabian Holthaus, im 18er-Kader gegen Fortuna Düsseldorf, verabschiedete sich am letzten Sonntag mit den Aktiven nach dem torlosen Remis gegen Düsseldorf winkend von den Fans. Zeitgleich reihten sich Jan Gyamerah und Henrik Gulden, die am Morgen noch 90 Minuten in der U19 gegen Duisburg gespielt hatten, am Buffet in der rewirpowerLOUNGE ein. Und U19-Jungjahrgang Lukas Klostermann, morgens zweifacher Torschütze, saß im heimischen Gevelsberg über den Schulbüchern.
Doch die vier Kicker verbindet etwas. Eigentlich gehört das Quartett derzeit noch zum U19-Kader und alle gelten als die größten Talente im Bochumer Nachwuchsbereich.
Und das nicht nur in Bochum. So erhielten Gyamerah und Holthaus gerade erst eine Einladung für das am kommenden Mittwoch in Fermo/Italien stattfindende U19-Länderspiel. Zu Norwegens Nachwuchs-Nationalmannschaft gehört Gulden, während Klostermann letztes Jahr für die U17 des DFB aktiv war.
Neururer rückt die Verhältnisse immer wieder zurecht Die regelmäßige Teilnahme beim Training der Profis und die ersten Einsätze (Gyamerah 2, Holthaus 3) haben Begehrlichkeiten geweckt. Doch das Quartett muss erkennen, dass der Sprung vom hochtalentierten Jugendspieler in ein Profiteam nur selten über Nacht gelingt. Peter Neururer, der schon viele hochkarätige Talente kommen und versagen gesehen hat, greift hin und wieder verbal ein, wenn die Erwartungen nicht mehr mit der Realität übereinstimmen. „Es wäre zum Beispiel fatal, wenn ein Talent einen Einsatz in der U23 oder U19 als Degradierung ansehen würde“, meint der Profi-Trainer.
Gerade vor eineinhalb Wochen hat sich der Coach mächtig geärgert, als die U19 mit Gulden, Holthaus und Klostermann daheim überraschend gegen Bonn – einen der Abstiegskandidaten – unterlag (0:1). Neururer: „Ich ihnen gesagt, dass sie allein dafür sorgen müssen, dass so ein Spiel nicht verloren geht.“
Abstiegskampf steht der Karriere im Weg
Am nähesten an einer Profi-Karriere dran ist im Moment Holthaus. „Er ist am weitesten. Macht er noch Fehler, dann ist das seiner Unerfahrenheit und seinem jugendlichen Leichtsinn geschuldet“, erklärt Neururer. Der Trainer macht keinen Hehl daraus, dass Holthaus schon einige Spiele mehr auf dem Buckel hätte, wenn der zeitweise brisante Tabellenstand ihn nicht hindern würde. „Wir haben noch nicht genug Distanz zu den Abstiegsrängen. Es wäre fatal, wenn ich einen jungen Spieler jetzt bringe, und er plötzlich im Abstiegskampf gravierende Fehler macht.“ So erlebte Holthaus nach seinem 90-minütigen Einsatz für die U23 in Wiedenbrück am Samstag das Spiel gegen Düsseldorf nur von der Bank.
Ein paar Hürden gilt es noch zu überwinden
Gyamerah hat ein anderes Problem. Nach monatelanger Verletzungs-Odyssee wegen einer Schambeinentzündung scheint er momentan übersensibilisiert und muss nach kleinen gesundheitlichen Rückschlägen immer wieder kurze Trainingspausen einlegen. Deshalb war Neururer auch überrascht, dass DFB-Trainer Marcus Sorg vor der Nominierung keine Rücksprache mit Bochum hielt.
Bei Gulden stocken derzeit die Vertragsgespräche, weil der Vater – in leitender Position beim Sportartikelhersteller PUMA – pausenlos unterwegs ist. Klostermann, der ab sofort auch für die Profis spielberechtigt ist, ist der Jüngste im Bunde, kann auch im nächsten Jahr noch U19 spielen und hat aufgrund seiner Physis und seiner Vielseitigkeit langfristig die größten Perspektiven. Das weiß auch Neururer: „Er hat vielleicht die größte Zukunft vor sich.“ Wenn man als Defensiv-Akteur zwei Tore erzielt und einen Elfmeter rausholt – wie am Wochenende in Duisburg geschehen – dann darf man sich auf den Allrounder schon freuen. Doch Vorsicht! Das Quartett muss mit sich und mit den derzeitigen Gegebenheiten geduldig umgehen, der Weg ist noch weit.