"Ich hab nichts gekriegt. Ich kann mir das einfach nicht vorstellen", erklärte Nationalstürmer Miroslav Klose und fügte ironisch hinzu: "Ich habe wahrscheinlich absichtlich nicht richtig geschossen, ich hab nur die Dollarzeichen gesehen."
Der Nationalspieler war am 1. Mai beim 0:4 im UEFA-Pokal-Halbfinale bei Zenit St. Petersburg - der höchsten Europacup-Pleite der Bayern seit 31 Jahren - mit von der Partie gewesen. Der Bestechungsverdacht lässt Klose genau wie seine Mitspieler offenbar völlig kalt: "Wir haben uns darüber in der Kabine unterhalten und gescherzt." Die Bayern-Spitze kommentierte das Thema am Donnerstag nicht und wird es womöglich auch gar nicht tun. "Wenn jemand etwas Konkretes auf den Tisch legt, dann werden wir uns äußern", sagte Pressechef Markus Hörwick.
Die einzige offizielle Reaktion des Rekordmeisters stammt von Mittwochnachmittag. In einer kurzen Pressemitteilung wurde erklärt, dass dem Klub der Verdacht nicht bekannt sei und versucht werde, "jegliche etwaige Information zu diesem Vorgang zu erhalten". Die Münchner Staatsanwaltschaft bestätigte unterdessen, dass sie bislang keine Ermittlungen im Zuge einer möglichen Beeinflussung der Partien durch die russische Mafia anstellt. "Es ist in dieser Sache nichts anhängig", sagte Oberstaatsanwalt Anton Winkler, Sprecher der Staatsanwaltschaft München, dem sid.
Bislang gebe es kein Rechtshilfe-Ersuchen der spanischen Justiz, allerdings könne das auch "eine Weile dauern, wenn es den offiziellen Rechtshilfeweg geht". Die spanischen Zeitungen ABC und El Pais hatten zuvor berichtet, dass eine russische Mafia-Gang behauptet, unter anderem das Spiel zwischen Bayern und Zenit St. Petersburg mit angeblich 50 Millionen gekauft zu haben. Der Oberste Gerichtshof in Spanien mit Generalstaatsanwalt Baltasar Garzon hatte Ermittlungen gegen die von Unterwelt-König Gennadios Petrow geführte Bande bestätigt - allerdings geht es darin in erster Linie um Themen wie Raub oder Erpressung.
Die spanischen Behörden hatten aber auch ein Telefongespräch abgefangen, in dem Petrow und ein Gehilfe über den angeblich erkauften UEFA-Pokal-Sieg von Zenit St. Petersburg sprachen. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass so ein renommierter Klub wie Bayern München Absprachen getroffen haben soll", meinte Nikita Simonjan, stellvertretender Präsident des russischen Fußball-Verbandes. Der Verein Zenit St. Petersburg erklärte die Vorwürfe zur "Beleidigung" für beide Vereine: "Jeder hat gesehen, dass das faire Duelle waren. Zur Zeit prüfen Juristen die Artikel der spanischen Presse. Danach werden wir über eine Klage zum Schutz unseres guten Rufes entscheiden."
Die Europäische Fußball-Union (UEFA) kündigte freilich trotzdem Ermittlungen der Disziplinarkommission an. Eine interessante Randnotiz in der Diskussion ist das angebliche Interesse von Bayern München an Stürmerstar Pawel Pogrebnijak von Zenit St. Petersburg. "Die Verhandlungen mit Bayern München laufen", soll der 24 Jahre alte Stürmer der spanischen Sportzeitung Marca erklärt haben: "Das ist mein Lieblingsteam, seit ich ganz klein war. Mein Vater hat mir als Kind ein Trikot mit der Nummer 18 von Jürgen Klinsmann geschenkt."
Pogrebnijak hatte beim 4: 0 von Zenit im Euroapcup gegen Bayern zwei Tore erzielt. Bislang liegen keine Erkenntnisse vor, dass die Kriminellen Spieler oder Offizielle von Bayern München oder von Zenits Finalgegner Glasgow Rangers kontaktiert haben. Genauso wenig konnte die spanische Justiz bei ihren Ermittlungen herausfinden, welchen persönlichen Nutzen die aus der Region St. Petersburg hervorgegangene Gang von den angeblichen Manipulationen hatte. Petrow gehörte zu rund 20 Personen, die von der spanischen Polizei im Juni verhaftet worden waren.
Sie alle sollen der Tambowskaja-Malyschewskaja-Bande angehören - einem der größten kriminellen Netzwerke der Welt. Im Rahmen der Untersuchungen wurden Bankkonten mit Einlagen von zwölf Millionen Euro eingefroren.