Im Schnitt zweimal pro Spieltag müsse auf den Videobeweis zurückgegriffen werden, ergaben Testläufe des DFB im Laufe der Vorsaison. Nur bei krassen Fehlentscheidungen, die keinen Spielraum für Diskussionen lassen, sollte überhaupt auf technische Hilfsmittel zurückgegriffen werden. So die Vorgabe. Nach nicht einmal einem Drittel der Spielzeit straft die Realität die Prognosen Lügen.
Videobeweis häufiger als erwartet
Nicht zweimal pro Spieltag, sondern zweimal pro Spiel müssen Spieler, Trainer und Zuschauer sich in Geduld üben, bis die Entscheidung getroffen wird. Klammheimlich haben die Schiedsrichter-Verantwortlichen Lutz Michael Fröhlich und Hellmut Krug den Spielraum der Assistenten vor den Bildschirmen in Köln ausgeweitet. Der Video-Assistent soll nun nicht nur bei klaren Fehlern eingreifen, sondern bereits in „schwierigen Situationen“, in denen er „starke Zweifel“ an der Berechtigung einer Entscheidung habe.
Eine Kurskorrektur, die über den Kopf des DFB-Präsidenten hinweg vorgenommen wurde. Entsprechend sauer reagierte Reinhard Grindel und übte im NDR öffentlich Kritik an den Verantwortlichen. „Ich bin darüber nicht glücklich“, so der 56-Jährige, der eine Beförderung der Video-Assistenten zu Oberschiedsrichtern befürchtet. Der Schiedsrichter solle weiter „das Sagen“ haben, so Grindel.
Innerhalb von 24 Stunden sah sich Lutz Michael Fröhlich, als Sportlicher Leiter der ranghöchste Schiedsrichter-Vertreter, zu einer Stellungnahme gezwungen. Er bedauere „ausdrücklich“ die Irritationen, die die „missverständlichen Formulierungen“ ausgelöst hätten. In allen strittigen Punkten musste er DFB-Präsident Grindel recht geben: „Der Schiedsrichter trifft zu jedem Vorgang im Spiel eine Entscheidung.“ Er, der Schiedsrichter – und nicht der Video-Assistent. Der wird jetzt eindeutig als „Helfer“ tituliert – und nicht als nächsthöhere Instanz.
Auch musste Fröhlich genauer definieren, was „klarer Fehler“ eigentlich heißt. Demnach dürften sich die Fußballfans jetzt an diese Definition gewöhnen: „Es liegt ein klarer Fehler des Schiedsrichters vor, wenn er seine Entscheidung nach Betrachtung des Bildmaterials unverzüglich ändern würde.“ Er selbst – und nicht ein Video-Assistent in Köln. Beim Tatort darf es aber Hinweise geben.
Die Rolle des Video-Assistenten wird präzisiert: „Bei subjektiven Entscheidungen soll der Video-Assistent nur dann eingreifen, wenn die Entscheidung des Schiedsrichters dem vorliegenden Bildmaterial gravierend widerspricht.“
Stadionbesucher einbeziehen
Beim Doppelpass auf Sport1 hat der bekannte TV-Moderator, noch verheiratet mit Deutschlands ehemals bester Hockey-Nationalspielerin Britta Becker, kürzlich die Debatte angefeuert: „Warum zeigt man die Szene nicht im Stadion und begründet die Entscheidung?“, wundert sich der 52-Jährige.
Man könnte es so machen wie bei Hockey und anderen Sportarten: Sobald ein Team meint, eine Entscheidung sei falsch, könnte jede Mannschaft in begrenzter Frequenz eine Überprüfung verlangen. Damit wäre der Schiedsrichter aus der Schusslinie.