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RWE: Gezielte Stadion-Meldungen dürfen nicht überraschen
Politik ist schmutziges Geschäft

RWE: Gezielte Stadion-Meldungen dürfen nicht überraschen
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Politik ist ein schmutziges Geschäft - darüber sollte sich selbst der naiveste Betrachter mittlerweile im Klaren sein.

Der eventuelle Bau eines neuen Stadions ist Politik, seit dem die Stadt, hier federführend Oberstadtdirektor Christian Hülsmann (CDU), das Ruder des Gesamtsachverhaltes übernommen hat.

Man erinnere sich zurück, dass im letzten Jahr, pünklich vor der Ratssitzung am 26. November, die Meldung aus der NRW-Landeshauptstadt kam, dass man dort durch den Regierungspräsidenten Jürgen Büssow (SPD) der neuen Arena eine Absage erteilen würde. Die Gelder der Essener Vorzeigeimmobilie Handelshof dürften gar nicht benutzt werden.

Foto: firo.

Mittlerweile ist ja geklärt, dass für das Hotel die Grundstücksverwaltungsgesellschaft Essen (GVE - 100-prozentige Tochter der Stadt) zuständig ist, ein Düsseldorfer Eingriff nur in die Dimension des Kreditrahmens für die Metropole möglich ist. Das betonte Hülsmann in der letzten Woche noch einmal.

Jetzt steht die nächste Ratssitzung an, am Mittwoch, 4. März (ab 15 Uhr). Dass auf dieser alles entschieden wird, ist seit längerer Zeit bekannt. Trotzdem bleibt es wenig erstaunlich, dass man gerade jetzt mit Neuigkeiten aus dem Busch kommt. Weil jetzt die helle Aufregung produziert wird, weil alle wie bei einem gigantischen pawlowschen Hund gesteuert reagieren.

Das Unternehmen Evonik zieht seine Zusage zurück, sich an der Finanzierung des Stadionbaus zu beteiligen, so teilt das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" Aufregung auslösend mit, für den das Bauvorhaben "ein Investitionsprogramm der absurden Art" ist. Der Evonik-Abgang würde - laut "Der Spiegel" - ein konzeptionelles Loch in Höhe von acht Millionen Euro hervorrufen. Hülsmann selbst nennt eingeplante vier bis fünf Millionen Euro für einen ersten Bauabschnitt, in der ein "Rund" für 18.000 bis 20.000 Fans entstehen wird.

Foto: firo.

Die Meldung, RWE sei finanziell nicht auf Rosen gebettet, als neu zu verkaufen, ist tatsächlich "skurril". So beschreibt "Der Spiegel" das Stadion-Vorhaben für einen viertklassigen Club, während man in Essen bemüht ist, den Leuten klar zu machen, dass es bei der Erstellung nicht um Fußball geht, sondern um städtische Strukturarbeit, weil das marode, sich im städtischen Eigentum befindliche Georg-Melches-Stadion irgendwann zusammenbricht und mörderische Renovierungskosten verschlingt. "Mit dem Beschluss zum Stadionneubau wird ein Infrastrukturprojekt im Essener Norden begonnen, das in seiner geplanten Gesamtheit nicht ohne Ausstrahlungswirkung in diesem Bereich bleiben wird." (So die Anlage zur Beschlussvorlage für die morgige Ratssitzung).

Natürlich ist der Club abhängig von Stadt, deren Tochterunternehmen und Sponsoren. Ein Geheimnis ist und war das nicht. Das sich "Der Spiegel" auf Prüfberichte beruft, die vorliegen, sollte nicht verwundern. Diese werden schon einmal von Stellen zugespielt, wenn diese Zuspielung etwas bringt. Beispielsweise um deutlich zu machen, dass man doch was zu sagen hat, wenn von der anderen Seite Einflussmöglichkeiten abgestritten werden. Wie gesagt, schmutzige Politik!

Essens Nico Schäfer (Foto: firo).

Natürlich spielt man in der Berichterstattung mit Zahlen, die beeindrucken. Eine Liquiditätslücke in Höhe von 1,3 Millionen Euro wird erwähnt, die auf den letzten Drücker für den Lizenzantrag, den Vorstandsmitglied Nico Schäfer persönlich in Frankfurt abgab, geschlossen wurde. Wie das Magazin, das sich in der Berichterstattung auch erstaunliche Deutungs-Ausflüge gönnt und Hülsmann offenbar Wettbewerbs-Ehrgeiz mit der Stadt Gelsenkirchen in der dortigen Veltins Arena zuerkennt, auf genannte zehn Millionen Euro kommt, die Rechtehändler Dr. Michael Kölmel vor knapp zehn Jahren zahlte, ist rätselhaft. Damals galt noch die D-Mark, es wären also 20 Millionen DM rote Zahlen gewesen.

Das Logo des Mischkonzerns Evonik war im letzten Jahr noch auf der Trikot-Brust des Teams, ein siebenstelliger Betrag floss auf das rot-weisse Konto. Man zog sich zurück, konzentriert sich auf die Nachbarstadt Dortmund und den dortigen erstklassigen BVB. Auf die acht Millionen sollten die Stadion-Planer aber weiter bauen dürfen, schließlich saß Evonik mit am Konzeptionstisch. Evonik begründet die Abkehr durch "gesamtwirtschaftliche schwierige Zeiten" sowie "großen Herausforderungen", so dass "Überlegungen zum Sponsoring zurückgestellt" wurden.

Hülsmann gibt zu, überrascht worden zu sein. Das ist Sinn des gewählten Zeitpunkts. Die SPD zweifelt nun die Glaubwürdigkeit von Hülsmann an, fordert sogar seinen Rücktritt, weil man ihm nicht abnehmen will, über die wahren Evonik-Gedanken nicht im Bilde gewesen zu sein. In der letzten Woche präsentierte sich der sozialdemokratische Block noch solidarisch im Sinne des neuen Stadions - jetzt denkt man nicht nur an die Mittwochs-Abstimmung, sondern an den noch nicht fixierten 30. August - die nächste Kommunalwahl.

Eine Zurückstellung ist keine Absage, allerdings verdeutlicht diese Konstellation die Abhängkeiten, in welchen Büros der Taktstock geschwungen werden soll. Ein anderer Sponsor soll - so eine mögliche genannte Lösung - sein geplantes Engagement vorziehen. Der dann wohl durch die von Evonik angeführten und auch durch das Magazin "Der Spiegel" gerne geteilte Meinung über heftige globale Turbulenzen nicht betroffen sein wird. Eine Zwischenfinanzierung - damit die in der Beschlussvorlage genannten Zahlen für die 1. Phase des 31 Millionen Euro-Projekts zutreffen (Städtischer Haushalt: 7,5 Mio. Euro - GVE/Verkaufserlös Handelshof: 16,5 Mio. Euro / Sponsoren: 7,0 Mio. Euro).

Die Immobilie Handelshof wird übrigens im Rahmen des seit Ende der 80er Jahre bestehenden millionenschweren Versorgungsvertrags durch Fernwärme versorgt - der wurde geschlossen mit dem Evonik-Vorgänger STEAG! Wie bei ungefähr 100 weiteren städtischen Immobilien der Kulturhauptstadt 2010, zum Beispiel auch dem Rathaus und dem Aalto Theater. Alles somit auf einen Verbindungsstrang zu reduzieren, wäre in der Politik also wenig schlau.

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