2007 verließ der gebürtige Dinslakener RWE in Richtung Galatasaray Istanbul. In seiner ersten Saison bei "Gala" wurde er Meister mit legendären Spielern des Kultklubs wie Hakan Sükür oder dem ehemaligen Schalker Lincoln. Eine Traum-Saison für Calik.
Er sollte insgesamt zwölf Jahre im Heimatland seiner Eltern verbringen und in der Süperlig, zweiten und dritten türkischen Liga spielen. Im Sommer 2019 kehrte der Familienvater nach Deutschland in seine Heimatstadt Dinslaken zurück und kickt seit wenigen Wochen für den Oberhausener B-Ligisten BV Osterfeld. [article=435040]Sein Kumpel Tuncay Aksoy, ebenfalls Ex-Profi, hatte ihn für diese Aufgabe begeistert[/article]. In vier Spielen knipste Calik bereits fünf Mal. Mit BV Osterfeld liegt er auf Platz drei der Kreisliga B1 Oberhausen/Bottrop.
RevierSport hat mit Serkan Calik gesprochen.
Serkan Calik, aus der Süper Lig in die Kreisliga B. Warum machen Sie das? (lacht) Ganz einfach: Weil ich fußballverrückt bin. Ich bin 33 Jahre alt und habe so viel erlebt. Eigentlich sollte ich kein Fußball mehr spielen. Ich wurde in meiner Türkei-Zeit insgesamt zehnmal operiert. Sechsmal davon an einem Knie. Ich habe gar kein Außenmeniskus mehr und verspüre sogar Schmerzen beim Treppensteigen. Aber der Fußball ist mein Leben, mein Kopf will noch nicht ganz damit aufhören. Die Karriere ist beendet, jetzt spiele ich mit Freunden, um Spaß zu haben, um zu lachen. Aber auch um erfolgreich zu sein.
In der Türkei waren Sie sehr erfolgreich. Sie wurden in Ihrer ersten Saison direkt Meister mit Galatasaray Istanbul. Welche Erinnerungen haben Sie an Ihre zwölf Türkei-Jahre? Da könnte ich natürlich stundenlang von erzählen. Als ich in die Türkei kam und für Galatasaray spielen durfte, war einfach alles unglaublich. Ich habe sofort in meinem ersten Liga-Spiel ein Tor erzielt, im UEFA-Cup ebenfalls. Das alles begann wie ein Traum. Im ersten Istanbuler Derby gegen Fenerbahce stand mir auf einmal Roberto Carlos als Gegenspieler gegenüber. Ich kannte ihn bis dahin nur von der Playstation oder aus dem Fernsehen. Plötzlich gewinne ich Zweikämpfe gegen ihn. Wahnsinn.
Und dann die Meisterschaftsfeier... Ja, das kann man eigentlich gar nicht erklären. Da muss man schon dabei gewesen sein und das erleben. Die Türken sind für ihren positiven Fanatismus ja bekannt. Es ist unglaublich, was da abging. Die Hafenstraße in Essen hat mich schon immer beeindruckt. Aber das in Istanbul ist ja noch einmal ein ganz anderes Ding. Das ist schon die große Welt. Ich bin stolz darauf, dass alles erlebt zu haben.
Warum haben Sie im vergangenen Sommer den Zeitpunkt gesehen, um nach Deutschland zurückzukehren? Das Leben in der Türkei ist wunderschön. Die Lebensqualität ist wahrscheinlich noch höher als in Deutschland. Aber letztendlich schätze ich die deutsche Ordnung, Disziplin, die Gesetze. Ich wollte, dass meine Tochter, die jetzt in den Kindergarten geht, in Deutschland aufwächst. Hier sehe ich unsere Zukunft.
Sie haben eben die Hafenstraße angesprochen. Zwölf Jahre waren Sie in der Türkei. Haben Sie trotzdem Rot-Weiss Essen verfolgt? Immer! Rot-Weiss ist tief in meinem Herzen und das wird immer so bleiben. Das war der Verein, der es mir ermöglichte zu Galatasaray zu wechseln und in der Türkei eine schöne Zeit zu haben. Ich habe in all den Jahren meinen Mitspielern immer von Rot-Weiss Essen vorgeschwärmt. Ich habe erzählt, dass das ein großer Traditionsklub ist, den in Deutschland jeder kennt. Die Fans von RWE sind berühmt für ihre tolle Atmosphäre.
Wann waren Sie zuletzt an der Hafenstraße? In dieser Saison am 1. Spieltag gegen Borussia Dortmund. Ich war von der Sparkasse eingeladen und habe beim 2:1-Siegtreffer wie ein echter Fan gejubelt. Ich habe mich riesig gefreut. Es war wunderbar, wieder in Essen zu sein. Die Leute haben mich erkannt und wollten Fotos mit mir machen. Das war ein wunderbares Gefühl. Es war so herzlich, wie vor zwölf Jahren als ich RWE verlassen habe. Ich hoffe, dass der Verein endlich wieder hochkommt. Ich sage Ihnen mal was...
Bitte... Mein Plan war immer so ausgelegt, dass ich mit Anfang 30 zurück nach Deutschland komme und bei RWE noch zwei, drei Jahre spiele. Das war der große Traum - die Karriere dort zu beenden, wo alles begann. Aber leider ist das so mit den Plänen - sie gehen selten auf. Schade. Ich hätte unheimlich gerne noch einmal für das geile Publikum an der Hafenstraße gespielt.
Statt an der Hafenstraße zu spielen, kicken Sie jetzt bei BV Osterfeld. Hatten Sie eigentlich keine anderen Optionen? Natürlich hätte ich auch in der Regional- oder Oberliga noch ein paar Jahre spielen können. Aber das wollte ich nicht. Dafür waren dann doch zu viele Operationen in meiner Karriere dabei. Ich hätte mich für 1000 oder 1500 Euro im Monat durchquälen können, aber so ein Typ bin ich nicht. Ich habe in der Türkei gut verdient, klug investiert und mir geht es finanziell gut. Jetzt will ich nur noch Spaß am Kicken haben und mir etwas für die Zukunft aufbauen.
Was wollen Sie in der Zukunft machen? Ich hatte mein ganzes Leben mit dem Fußball zu tun. Deshalb will ich das natürlich fortsetzen. Mir schwebt eine Fußballschule vor. Ich liebe es, mit Kindern Fußball zu spielen. Zusätzlich werde ich mich in der Berater-Branche engagieren. Ich habe mir in den zwölf Jahren in der Türkei einen guten Namen gemacht und viele Kontakte geknüpft. Das sollte ich dann jetzt auch für mich nutzen.