Der ehemalige Essener Rot-Weisse leidet unter einem Burn-Out-Syndrom, weshalb er vom FSV Frankfurt für ein Jahr zu Viktoria Köln ausgeliehen wurde, um neue Kraft zu tanken. Im Interview mit seiner Agentur SportsTotal spricht Wunderlich über die Probleme und den Kampf gegen die Krankheit.
Herr Wunderlich, wie hat sich die Krankheit bemerkbar gemacht?
Bei mir war es so, dass ich das Gefühl hatte, leer zu sein und mich nicht mehr richtig motivieren konnte. Dies fing schon morgens an. Ich war auch zu Hause sehr ruhig und in mich gekehrt. Trotzdem habe ich immer weiter trainiert und gespielt, bis ich schließlich gemerkt habe, dass es so nicht mehr geht. Ich trage eine große Verantwortung für meine Familie und war in der Zeit häufig unerträglich.
Wie sind Sie damit umgegangen?
Zuerst habe ich alles in mich rein gefressen. Keiner wusste Bescheid. Es war kurz vor einem Abschlusstraining, da informierte ich dann meinen Vater, sagte ihm: „Ich kann da jetzt nicht hin!“ Er ist dann sofort aus Köln nach Frankfurt gekommen. Danach habe ich mit dem Verein und dem Trainer gesprochen und auch stets gute Rückendeckung erhalten. Das Ziel war, in Köln ein paar Tage den Kopf frei zu bekommen, aber es wurde schlimmer. Auch wenn ich unbedingt wieder Fußball spielen wollte, habe ich dann den Entschluss gefasst, vorerst nicht mehr für den FSV aufzulaufen.
Wie stellen Sie sich der Situation?
Derzeit gibt es in meiner Karriere einen kleinen Knick, den ich aber nur als kurzen Stopp ansehe. Ich werde nun zuerst wieder in meinem Heimatverein, bei Viktoria Köln, spielen. Aber das Ziel ist es, wieder ins Profigeschäft zurück zu kehren. Das klingt momentan sehr schwer für mich, aber daran glaube ich. Leider wurde ich durch die Krankheit zurückgeworfen. Ansonsten hoffe ich, dass sich die Genesung positiv entwickelt und die Familie gesund bleibt. Ich bin vor 16 Monaten Vater eines gesunden Jungen geworden und total stolz.
Als zentraler Mittelfeldspieler ist man immer gefordert, kreativ zu sein, das Spiel zu lenken oder selbst den Abschluss zu suchen. Übernehmen Sie gerne Verantwortung?
Man muss in den Jahren dort hinein wachsen. Ich bin zwar nicht der Typ, der große Ansprachen hält. Ich denke, dass ich aber auf dem Platz immer versuche, Gas zu geben und meine Mitspieler dann auch mitreiße.
Viele Außenstehende denken, dass man als Fußballspieler keine Probleme hat und viel Geld verdient. Gibt es auch Schattenseiten?
Es gibt sicherlich auch Schattenseiten. In Frankfurt war es ein großes Plus, dass wir nicht so viele Fans hatten, so blöd sich das anhört. Ich denke da an Essener Zeiten zurück, da wurden wir manchmal mit Polizeischutz zur Autobahn gebracht. Da fragt man sich selber, ob es das wert ist. Ich denke aber, dass die positive Seite schon überwiegt.
Wie sieht Ihr Tagesablauf derzeit aus?
Ich bin einmal bis zwei Mal die Woche in Behandlung und den Rest der Zeit helfe ich meinem Vater in der Firma, um etwas auf andere Gedanken zu kommen. Ich bin froh, dass es jetzt voran geht und freue mich sehr, dass ich bald nach der langen Pause wieder gegen den Ball treten kann. Die Lust ist auf jeden Fall sehr groß.
Was sind die Gründe für die Krankheit?
Ich war in der Zeit, als die Saison noch lief, bereits in Behandlung. Der Arzt führte es auf den Umzug zurück, meinte, dass ich einfach nicht der Typ bin, der aus seinem Umfeld raus will. Er hielt es für nötig, dass ich wieder nach Köln zurückkomme. Derzeit betreiben wir Ursachenforschung. Dort geht man bis in die Kindheit zurück. Ich denke, es ist für Leute, die dies nicht haben, schlecht vorstellbar, wie es einem Menschen in dieser Situation geht.
Sie haben sich bestimmt oft gefragt: Wieso gerade ich?
Ja. In letzter Zeit ist sehr viel auf mich eingeprasselt. Die Hochzeit, ich bin in jungen Jahren Vater geworden, habe das erste Mal meine Heimat verlassen. Ich hatte keinen richtigen Urlaub, weil ich in den zwei Wochen, die ich Freizeit hatte, den Umzug nach Frankfurt durchziehen musste. Die Hinrunde lief dann super, doch dann kam leider noch der Knacks mit der Rückrunde.
Wer hilft Ihnen, wenn es Ihnen nicht gut geht?
Der Arzt natürlich, aber vor allem mein Vater und meine Frau. Mein Vater ist eher ein bester Freund für mich. Ich rede über alle Sachen mit ihm und er weiß alles über mich. Die beiden sind meine Ansprechpartner. Mit denen spreche ich auch über meine Probleme. Ich habe lange überlegt, ob und wie ich dieses Thema an die Öffentlichkeit trage, doch ich möchte und werde offensiv damit umgehen. Man muss sich nicht schämen.