Jürgen Klinsmann setzt während der WM auf das Verantwortungsbewusstsein seiner Akteure. Der Bundestrainer will den Nationalspielern in den kommenden Wochen vor und während der Weltmeisterschaft (9. Juni bis 9. Juli) ungewohnte Freiheiten einräumen. "Jeder, der unter einer enormen Belastung steht, braucht auch mal einen Ausgleich", erklärte Klinsmann in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung. Deshalb werde er einzelnen Spielern auch außer der Reihe mal gestatten, frei zu nehmen und das Freizeitprogramm individuell zu gestalten. "Worum es dabei aber immer geht: Ich will verstehen, warum ein Spieler dieses oder jenes braucht", sagte Klinsmann.
Dabei setzt der Bundestrainer auf die Eigenverantwortlichkeit der Spieler. "Wir wollen, dass sie ihre Karriere selbst in die Hand nehmen. Wir sagen immer: Hey, das ist deine Karriere! Das ist deine WM! Lass dir die nicht nehmen", sagte der 41-Jährige. Die Aufgabe der Verantwortlichen sei es, "den Spielern klar zu machen, dass das, was jetzt kommt, nie mehr wiederkommt".
Klinsmann sieht sich als "Projektleiter"
Weiter erklärte Klinsmann, die Aufgabe eines Cheftrainers sei es vorwiegend, "eine Gruppe von Spezialisten zu führen". Deshalb sehe er sich nicht als klassischen Bundestrainer, man könne seinen Job auch als "Teamchef oder Projektleiter" bezeichnen. Aus diesem Grund ist es nach Meinung des Wahl-Kaliforniers auch weiterhin wenig hilfreich, "wenn ich jeden Samstag in einem Bundesliga-Stadion sitze".
Weil er Prioritäten setzen müsse, überlasse er einzelne Aufgaben zudem anderen im Stab. "Wenn ich sehe, dass einer in der Umsetzung besser ist, dann muss ich die Aufgabe übergeben", sagte der Weltmeister von 1990 und führte Assistent Joachim Löw als Beispiel an, der das Verschieben in der Viererkette besser erklären könne.
Grundsätzlich blickt der Bundestrainer zufrieden auf die vergangenen 22 Monate seiner Tätigkeit zurück. "Im Nachhinein glaube ich, dass die großen Linien richtig sind. Über Kleinigkeiten kann man immer diskutieren", erklärte Klinsmann. Trotz der teils heftigen Kritik habe er auch nach dem 1:4 gegen Italien nie ans Aufhören gedacht. "Ich fühle mich in der Pflicht, gerade den Spielern gegenüber", sagte er.