Nicht nur wegen des tragischen Unfalltods von Wolfsburgs Junior Malanda, der den gesamten VfL zutiefst erschütterte. Der 46-Jährige, der bei der Weltfußballer-Gala in Zürich zum „Frauen-Trainer des Jahres 2014“ gewählt wurde, bleibt auch in der Stunde seines größten persönlichen Erfolgs bescheiden.
Viel wichtiger als seine Auszeichnung sei ihm, dass seine Spielführerin Nadine Keßler zur „Welt-Fußballerin des Jahres“ gewählt wurde, schließlich hat „sie es einfach verdient“.
Stationen als Trainer 2004: SV Brunsrode-Flechtorf (Herrenmannschaft) seit 2005 VfL Wolfsburg. Beim VfL fing er als administrativer Leiter der Scouting-Abteilung an und war unter Felix Magath, Klaus Augenthaler, Armin Veh, Lorenz-Günther Köstner, Holger Fach, Eric Gerets dort beschäftigt. Seit 2008 ist er Trainer der Frauen-Mannschaft. Erfolge als Trainer Champions-League-Sieger: 2014, 2013. Deutscher Meister: 2014, 2013. DFB-Pokal-Sieger: 2013.
Kellermann muss es wissen, denn er leitet seit 2008 die Geschicke der „Wölfinnen“, formte den VfL zu einem europäischen Spitzenklub und avanciert zum Titelsammler. Satte fünf Trophäen sackte der gebürtige Duisburger gemeinsam mit seiner Mannschaft in den letzten beiden Spielzeiten ein. 2013 feierten die Niedersachsen das Triple aus Meisterschaft, DFB-Pokal und Champions League, 2014 wurde Wolfsburg Meister und verteidigte die Champions League.
Bereits im letzten Jahr stand der 46-Jährige zur Wahl, musste sich damals aber noch Bundestrainerin Silvia Neid geschlagen geben. Doch jetzt räumte er ab und verwies DFB-Trainerin Maren Meinert (U19/U20) wie auch den japanischen Nationalcoach Norio Sasaki auf die Plätze.
Im RS-Interview spricht Kellermann, der das Fußballspielen beim MSV Duisburg lernte, über die Auszeichnung, seine Zukunft und die Unterschiede zwischen Männern und Frauen.
Ralf Kellermann, herzlichen Glückwunsch zum größten Titel Ihrer Karriere. Haben Sie damit gerechnet? Danke und nein, denn erst in dem Moment, in dem der Name vorgelesen wird, wissen auch die Nominierten, wer gewonnen hat. Gehofft hatte ich es aber schon. Weil es sich um eine persönliche Auszeichnung handelt, ist sie natürlich ein Höhepunkt für mich. Allerdings haben auch die Titel auf dem Rasen eine sehr große Bedeutung für mich, weil sie unsere tägliche Gemeinschaftsarbeit belohnen. Man kann die Auszeichnungen nicht miteinander vergleichen.
Können Sie Ihren Triumph angesichts des Schicksalsschlags von Junior Mandala genießen? Es war für uns eine sehr schwierige Situation und uns ist nicht zum Feiern zu Mute gewesen. Wir fühlen uns beim VfL als ein Verein, eine Familie. Seit zwei Jahren sind alle Abteilungen sehr nah zusammengerückt und wir kennen uns untereinander gut. Beispielsweise haben uns die Profis alle Mitarbeiter, Spielerinnen und Spieler vor Weihnachten noch zum Bowlen eingeladen. Das war in Wolfsburg nicht immer so und das haben wir vor allem unseren Geschäftsführern Wolfgang Hotze, Klaus Allofs, Thomas Röttgermann und Chef-Trainer Dieter Hecking zu verdanken. Wir haben auch vorher darüber beraten, ob wir angesichts des schlimmen Unfalls überhaupt nach Zürich fliegen sollen, aber es war sicherlich in Juniors Interesse, dass wir dort waren. Schlussendlich war es der emotionalste Moment der letzten Zeit, als der Umschlag geöffnet und unsere Namen vorgelesen wurden. Überhaupt ist diese gesamte Veranstaltung, bei der wir als verhältnismäßig kleines Wolfsburg abgeräumt haben, einfach unglaublich.
Warum? Alle Nominierten sind in einem Hotel untergebracht und man läuft sich ständig über den Weg. Jeder hat einen abgesperrten Bereich für sich, damit er zur Ruhe kommen kann. Außerdem ist alles einfach gigantisch aufgezogen und von der Betreuung oder den Medienterminen her macht die FIFA keine Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Die Großen kennen das vielleicht, aber für uns war es eine Reise in eine andere Welt.
Jeder darf drei Freunde mitbringen. Wen hatten Sie dabei? Meine Frau Anja, meine Assistenztrainerin Britta Carlson und Physiotherapeutin Beatrice Havekost, die mich nach meiner Bandscheiben-OP vor vier Jahren wieder aufgebaut hat und auch beim VfL hilft. Schließlich ist die Auszeichnung ein Gemeinschaftswerk, auch wenn ich den Preis entgegennehmen durfte.
Wird die Auszeichnung Ihr Leben ändern? Nein. Seit der Wahl ist das Interesse der Medien zwar sehr groß, aber es ist eine Momentaufnahme. Der Frauenfußball kann diese aber sehr gut gebrauchen. Doch ich bin geerdet genug, um zu wissen, dass es auch schnell wieder nachlässt. Das einzige, was sich ändert, ist, dass man anders wahrgenommen wird.
Ob Kellermann ein Frauen-Versteher ist und was er den Männern wie auch Frauen des MSV zutraut, lesen Sie auf der zweiten Seite