Theo Bücker weiß wie es ist, ein Endspiel zu bestreiten. 1975 erreichte der Fußballer mit dem MSV Duisburg das DFB-Pokal-Finale gegen Eintracht Frankfurt. „Wäre nicht so ein Sau-Wetter gewesen, hätten wir vielleicht gewonnen“, meint der heute 55-Jährige, dessen Mannschaft aber mit 0:1 verlor: „Beim Platzregen verpassten drei Duisburger nach einer Ecke den Ball und Charly Körbel nutzte das zum entscheidenden Tor.“ Bücker hat kein Detail vergessen, weil er damals die Krönung seiner aktiven Karriere verpasste.
Neulich stand Bücker wieder in einem Endspiel. Als Coach der ägyptischen Mannschaft Ismailia SC bestritt er das Finalspiele der afrikanischen Champions League gegen Enyimba aus Nigeria. Bei blauem Himmel und 33 Grad ging es für Bücker wieder daneben. Die Nigerianer gewannen den ersten Vergleich mit 2:0, Ismailias 1:0-Sieg im Rückspiel reichte nicht. Weil aber die Champions League in Afrika einen ebenso hohen Stellenwert wie in Europa habe, sei schon die Finalteilnahme ein herausragendes Ereignis gewesen. Bücker sprach vom „Highlight meiner Trainer-Laufbahn.“
Dass der Name Bücker im Land des amtierenden Vize-Weltmeisters längst in Vergessenheit geraten ist und auch sein aktueller Erfolg kaum zur Kenntnis genommen wird, ärgert den gebürtigen Westfalen. „In Deutschland glauben alle, dass dort der Fußball erfunden wurde“, schimpft Bücker. Er findet, dass im gesamtafrikanischen Bereich ein weitaus gepflegterer Ball als in seiner Heimat gespielt werde. „Wenn ich das aber jemandem in Europa erzähle, lachen mich alle aus“, erzählt er.
Bücker glaubt zu wissen, wovon er spricht. Bis 1983 absolvierte der frühere Mittelfeldspieler 235 Bundesligapartien (46 Tore) für Borussia Dortmund, den MSV Duisburg und Schalke 04. Danach kehrte er dem Ruhrgebiet aber den Rücken und arbeitet seit fast 20 Jahren als Trainer im Vorderen Orient. Vereinsmannschaften aus Saudi-Arabien und Kuwait führte Bücker zu nationalen Titeln. Bis vor fünf Monaten betreute er das Nationalteam des Libanon, seitdem ist er direkt am Suez-Kanal für Ismailia verantwortlich.
Der momentane Erfolg sei auch für afrikanische Verhältnisse überraschend. „Ismailia bietet traditionell den technisch besten Fußball des Landes, die lassen sich gerne als die Brasilianer Ägyptens bezeichnen“, erzählt Bücker. Weil bei aller Ballzauberei aber die Abwehr oft lückenhaft agierte, spielte man hinter den Hauptstadtclubs aus Kairo lange nur die dritte Geige. „Mein Job ist es, die fehlende Disziplin zu vermitteln“, sagt der Coach. Seiner Meinung nach seien afrikanische Fußballer technisch besser als deutsche, „die verstehen nur nicht, dass man früh schlafen gehen und sich richtig ernähren muss, um Erfolg zu haben.“ Er sei früher auch „kein Beckenbauer gewesen. Ich musste mir alles erarbeiten.“
Bückers Methoden werden in Ägypten offenbar angenommen – und deshalb will er den Landstrich auch nie mehr verlassen. Vor vier Jahren half er mal kurzfristig beim Oberligisten SV Meppen aus. „Ein Freundschaftsdienst, den ich nicht hätte machen sollen“, meint er heute. Denn die deutsche Fußballer-Mentalität „kannste vergessen“, schimpft Bücker: „Alles Kadetten, die den Maradona spielen wollen, sich aber nicht bewegen.“
Im Vorderen Orient sei das anders. „Bösartig formuliert besteht da die nötige Armut, um sich durchbeißen zu müssen“, findet der Trainer. Seine Spieler hätten eben keine zwei Handys, drei Freundinnen und vier Autos. „Die wollen auf der Sozialleiter nach oben und spielen auch viel schöneren Fußball“, meint Bücker.
Angebote aus Deutschland würde er ablehnen. Er glaube zwar, dass bei seinem Ex-Club MSV die nötige Disziplin vorhanden sei, um erfolgreich zu arbeiten, Bücker hat aber größere Ziele im Visier. Im Februar werde wohl die Stelle des ägyptischen Nationaltrainers frei. „Dafür gibt es nur einen Kandidaten, nämlich mich“, sagt er stolz. Ob er den Job – und somit die mögliche Qualifikation für die WM 2006 in Deutschland – auch annehmen würde, weiß er aber noch nicht. Durch seine Erfolge mit Ismailia seien die „dicken Leute“ aus Katar und den Arabischen Emiraten auf ihn aufmerksam geworden: „Da winkt das große Geld.“ Vielleicht kann er dann ja mal wieder ein Finale bestreiten.