Nach Momo Diabang (Arm. Bielefeld), Thomas Zdebel (Ankara) und Philip Bönig (MSV Duisburg), hat der VfL seit Montag einen weiteren Neuzugang zu vermelden. Der Name: Bjarni Gudjonsson, der vom englischen Zweitligisten Stoke City ablösefrei zum VfL wechselt und einen Drei-Jahres-Vertrag unterschrieb. Der 24-Jährige Mittelfeldspieler ist der Bruder von Thordur Gudjonsson. Beide gehören gemeinsam zum isländischen Nationalmannschafts-Aufgebot. Peter Neururer: "Ich bin froh, dass wir jetzt beide unter Vertrag haben. Denn schon die Rückholaktion von Thordur Gudjonsson erwies sich als Volltreffer." Um dies zu unterstreichen, wurde der Vertrag mit Thordur gleich um ein weiteres Jahr bis zum 30.6.2006 verlängert.
Wie sein Bruder, verfügt auch Bjarne über jede Menge internationale Erfahrung. Als Jung-Profi wechselte er 1997 bis November '98 in den Kader von Newcastle United. Anschließend ging er zum KRC Genk, wo er von November '98 bis März 2003 gemeinsam mit Thordur eine durchaus erfolgreiche Zeit erlebte. Die Krönung: Die belgische Meisterschaft 1999. Thordur Gudjonsson: "Ich war Stammspieler im Mittelfeld, Bjarni hat auf Rechtsaußen rund 80 Prozent aller Spiele mitgemacht." Dann trennten sich die Wege. Während Thodi nach Las Palmas transferiert wurde, spielte Bjarni bis Ende letzten Monats bei Stoke City in der englischen First Division, was der zweiten Liga in Deutschland entspricht. Wen wundert es, dass Thodi entscheidenden Anteil an der Verpflichtung seines Bruders hatte: "Im Trainingslager im türkischen Belek habe ich Peter Neururer mit den möglichen Wechselmodalitäten (ablösefrei) konfrontiert, und danach hat er verstärkt ein Auge auf Bjarni geworfen." Als der 13-fache Nationalspieler dann vor zwei Wochen bei einer einwöchigen Trainingsteilnahme sein Können aufblitzen ließ, griff der VfL sofort zu.
Die Brüder gleichen sich sowohl in der Spielweise als auch in der Größe, bei der der ältere Bruder (1,77) gegenüber Bjarni (1,75 m) nur knapp die Nase vorn hat. Thodi: "Wir sind uns beide im klaren darüber, dass wir uns bei der Mannschaftsaufstellung in der kommenden Saison des öfteren in die Quere kommen können. Aber Konkurrenten hat man im Profifußball immer."
Den für die meisten Profis trainingsfreien Juni verbringt das Duo schon gemeinsam. Bereits gestern flog Bjarni nach Island, um dort die Vorbereitung auf die EM-Qualifikationsspiele gegen die Faröer-Inseln (7. Juni) und in Litauen (11. Juni) aufzunehmen. Bruder Thodi wird nächste Woche folgen. Der verrät: "Wir haben beide vom Verband Post bekommen, gehören zum vorläufigen 24-köpfigen Kader. Dort treffen sie übrigens auf den dritten Gudjonsson. Bruder Johannes, zuletzt von Betis Sevilla an Aston Villa ausgeliehen, ist ebenfalls im Kader. Ihn zu verpflichten ist laut Dieter Meinhold derzeit allerdings kein Thema: "Da sind unsere Mittel erschöpft." Kein Wunder, verlangt Betis doch eine Ablösesumme von rund 3,5 Millionen Euro für Stürmer Johannes Gudjonsson.
Derweil ist Bjarni Gudjonsson von seinem neuen Arbeitgeber schon begeistert. Über das Spiel gegen den HSV äußerte er sich beeindruckt: "Es war ein sehr schnelles Spiel. Ich komme in eine sehr starke Mannschaft, aber am meisten hat mich beeindruckt, welch gute Fußballer wir in unseren Reihen haben." Und über das Publikum befand er: "Streckenweise dachte ich, ich wäre in einem englischen Stadion."
Dass die Familie sich schnell in Bochum heimisch fühlen wird - bisher wird nur englisch gesprochen -, davon ist er überzeugt. Auch weil sein Bruder via Internet bereits eine passende Bleibe für Bjarni mit Frau und 15 Monate alter Tochter gefunden hat. Bei so viel Harmonie stellt sich natürlich zwangsläufig die Frage, ob es zwischen den beiden auch "Knackpunkte" gibt. Und tatsächlich: Thordur über Bjarni: "Er hat sich in England einen fürchterlichen Humor angewöhnt, der mich manchmal richtig nervt." Doch Bjarni schießt zurück: "Mein älterer Bruder ist mir einfach zu seriös."