DFL-Geschäftsführer Christian Seifert und -Kommunikationsdirektor Tom Bender werden den Kultreporter, den Schalke-Fans für eine "Zecke" und BVB-Anhänger für einen Blau-Weißen halten, vor dem Anpfiff auf dem Rasen in den Vorruhestand verabschieden. Im Interview mit RevierSport gibt der 57-Jährige zu, dass er sich für seine Tränen nicht schämen werde.
Manni Breuckmann, die Kardinalfrage gleich vorweg: Warum hören Sie auf?
Als die Bundesregierung vor fünf Jahren bekannt gegeben hat, dass 1951 der letzte Jahrgang sei, der die Altersteilzeit beantragen kann, habe ich mich innerhalb weniger Wochen dafür entschieden. Ab dem 1. Januar 2009 steige ich in die passive Phase ein. Man wird mich also nicht mehr am Mikro hören, nur das Tippspiel 'Manni gegen den Rest der Welt' läuft noch bis zum Ende der Saison weiter.
Ihre Reportagen zeichnen sich durch einen ganz besonderen Stil aus. Wie sind Sie zu dieser Form des Kommentierens gekommen, gab es damals Vorbilder, an denen Sie sich orientiert haben?
Nein, am Anfang hatte ich überhaupt keinen Stil, sondern war froh, die Sätze einigermaßen unfallfrei rüberzubringen. Je öfter man dann am Mikro sitzt, um so sicherer wird man und entwickelt seine eigenen Methoden, wie man ein Thema rüberbringt, Spannung aufbaut und die Zuhörer dazu bewegt, am Radio zu bleiben. Reporter müssen Duftmarken setzen, unterscheidbar von anderen und daher wieder zu erkennen sein.
Gehört zu Ihrem Beruf auch eine gewisse Portion Narzissmus?
Natürlich! Ich selbst war von Kindestagen an heiß, etwas vorzutragen, mich einem Publikum mitzuteilen. Schon als kleiner Junge habe ich in der Schule gerne bei einer Aufführung auf der Bühne gestanden und hatte Spaß daran, wenn mir die Zuschauer zugehört haben. Narzisstische Grundzüge sind gewiss da, die hat wohl jeder, der Fernsehen oder Radio macht. Hauptsache, ich halte mich nicht für den Mittelpunkt des Universums.
Sie müssen mit dem Begriff Kultreporter leben! Fühlen Sie sich durch die Bezeichnung geehrt oder eher peinlich berührt?
Ich behaupte zwar, dass ich eine große Nähe zur Sprache habe, doch mit dem Begriff wird mir etwas zu inflationär umgegangen. Es hängt sicher damit zusammen, dass ich ein ganz guter Reporter, aber auch schon seit 36 Jahren da am Mikro bin. Ich mag derlei Superlative nicht. Daher ist mir diese Bezeichnung - ähnlich wie 'Die Stimme des Westens' oder 'Die Stimme des Reviers' etwas peinlich.
Wieso hat es mit Ihnen im Fernsehen in der Sendung 'Sport im Westen' nicht funktioniert?
Einerseits bin ich freiwillig gegangen, es hat keiner gesagt: Manni, jetzt geh mal wieder vor dein Mikro. Andererseits war es aber die richtige Entscheidung, denn ich mag die Körperlichkeit im Fernsehen nicht. Wenn ich eine Radiosendung moderiere, kann ich mich bewegen, wie ich will, kann die Füße auf den Tisch legen und einen Zehn-Tage-Bart tragen. Die Inszenierung vor der Kamera wirkte auf mich wie eine Fesselung, eine Talkshow allerdings hätte ich besser gekonnt, doch dazu ist es nicht gekommen.
Es gab Angebote anderer Sender, etwa von Premiere. Warum haben Sie diese nicht angenommen?
Erstens gab es nicht so viel Geld, dass ich es nur schlecht hätte ablehnen können. Und zweitens wäre ich mit den Übertragungen aus dem Taubenschlag in Unterföhring nicht klar gekommen, das ist für mich stark entfremdete Arbeit. Ich möchte im Stadion sitzen und dort die Atmosphäre spüren, das macht für mich den Reiz des Fußballs aus.
Manfred Breuckmann > geboren am 11.06.1951 in Datteln. >1969 Abitur am Neusprachlichen Gymnasium in Datteln. >1969-1975 Studium der Rechtswissenschaft in Bochum und Marburg. > 1972 erste Radioreportage vom Regionalligaspiel VfR Neuss gegen SG Wattenscheid. > 1975-1978 Referendariat in Düsseldorf. > 1978 zweites juristisches Staatsexamen. > 1978-1981 Beamter beim Bundespresseamt. > seit 1982 Festanstellung beim WDR, zunächst im Landesstudio Düsseldorf als landespolitischer Korrespondent und Gerichtsreporter. Moderation des WDR2-Morgenmagazins und Reportagen von Fußballspiele (u. a. sechs Welt- und sechs Europameisterschaften, UEFA-Cup-Sieg von Schalke 04 und Champions-League-Sieg von Borussia Dortmund 1997). > 1988 Veröffentlichung des Kriminalromans "Rote Karte für Pommes". > seit 1993 ARD-Reportage vom Düsseldorfer Rosenmontagszug. > 1995-1999 Moderation der WDR2-Sendung "Westzeit". > seit 1998 Bundesliga-Tippspiel auf WDR2 "Manni gegen den Rest der Welt". > 2000-2005 Moderation des WDR2 Mittagsmagazins. > seit März 2005 Moderation der WDR2-Sendung "Zwischen Rhein und Weser". > 2006 Veröffentlichung der Autobiographie "Mein Leben als jugendlicher Draufgänger" > 2008 Ehrung als "Bürger des Ruhrgebiets". > Mehr Infos: www.manni-breuckmann.com.
Welche waren Ihre peinlichsten Versprecher?
Da gibt es zwei Szenen, an die ich mich sofort erinnere. Die eine war bei einem Spiel des VfL Bochum, als ich eine Rote Karte angekündigt habe, die es gar nicht gab. Meine Frau saß bei der Partie neben mir und hat leise den Namen Stickroth gesagt, der hatte sich gerade eine Ohrfeige gefangen. Eine andere passierte beim Spiel Fortuna Düsseldorf gegen den 1. FC Köln, als ich Hennes Löhr zum ersten Torschützen der neuen Saison gemacht habe, obwohl der gar nicht spielte. Löhr hatte sich kurz vor dem Anpfiff verletzt, für ihn spielte Holger Wilmer mit der Nummer elf. Meine Güte, war der Löhr plötzlich blond!
Ist ein Versprecher wie Schalke 05 zu verzeihen?
Das war ein reiner Versprecher, der leider auch heute immer noch präsent ist. Daran hat sich damals die ganze Frauenfeindlichkeit im Fußball entzündet, sehr bezeichnend!
Warum wurden Sie eigentlich Jahre lang auf Schalke als 'Zecke' beschimpft, obwohl Sie sich doch immer wieder zu Schalke bekannt haben?
Weil mir keiner glaubt, dass ich eine Schwäche für Schalke habe, aber trotzdem dazu in der Lage bin, Fußballspiele neutral zu übertragen. Ich berichte für die ganze ARD und da gehört es nun einmal dazu, dass man zum Beispiel bei dem letzten Revierderby im August laut Tor für Dortmund brüllt, wenn die gerade das 3:3 schaffen. Den Leuten, die das nicht begreifen, kann ich auch nicht helfen.
Schalke und auch Dortmund gut zu finden, das nehme ich Ihnen auch nicht ab!
Können Sie aber, wobei ganz klar ist, dass ich mehr zu Schalke halte. Selbstverständlich habe ich mich gefreut, dass der BVB 1997 die Champions League geholt hat und 2002 Meister geworden ist, statt Bayer Leverkusen. Mir fehlt Fanatismus, ich hasse weder Borussia Dortmund noch den 1. FC Köln. Ich hasse noch nicht einmal Bayern München, obwohl ich die nicht besonders sympathisch finde.
Foto: firo.
Wie empfinden Sie nun die letzten Tage im Dienst, kurz vor der finalen Fußballreportage und dem Abschied am Montag bei der Sendung 'Zwischen Rhein und Weser'?
Grundsätzlich denke ich mehr als zuvor über die Endlichkeit des Seins nach, auch wenn ich noch nicht so furchtbar alt bin. Der Abschied fällt naturgemäß schwer. Es gab dennoch innerhalb der Phase der letzten fünf Jahre keine Panik, so nach dem Motto: Was hast du denn da gemacht? Es ist aber auf jeden Fall ein emotionaler Ausnahmezustand, das Eis, auf dem ich mich bewege, ist sehr dünn. Ich hoffe auch, dass um kurz vor sechs nicht die Chefin und die Belegschaft ins Studio kommen und mit tränenunterdrückter Stimme eine Laudatio halten.
Was bringt die Zukunft, außer mehr Zeit für Dinge, die Sie in den vergangenen Jahren vernachlässigen mussten?
Ich werde hin und wieder eine Veranstaltung moderieren sowie Beiträge für Zeitungen und Zeitschriften schreiben. Außerdem arbeite ich schon an einem dritten Buch, das im nächsten Jahr erscheinen soll. Gelegentlich wird man mich auch beim DSF-Doppelpass sehen. Was das Private angeht: Ich werde mehr Lesen, Kunstausstellungen besuchen, Kochen und endlich Backen lernen, denn ich muss unbedingt den Rotweinkuchen von meiner Mutter können.