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Fußball-Sicherheitsgipfel
Watzke kontert Politik - Pyro-Entscheidung gefallen

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Pyrotechnik, wie hier Abschiedsspiel von Lukas Podolski beim 1. FC Köln, bleibt verboten
Pyrotechnik, wie hier Abschiedsspiel von Lukas Podolski beim 1. FC Köln, bleibt verboten Foto: dpa
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Am Freitag diskutierten Vertreter des DFB, der DFL und Politik über die Sicherheit in deutschen Fußballstadien. Das kam dabei herum.

Die Politik macht Druck auf den Fußball und verlangt mehr Sicherheit für die Zuschauer rund um die Partien. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) und die Deutsche Fußball Liga (DFL) sehen die Thematik differenziert, die Fanorganisationen wehren sich.

Vor Beginn des Gipfels hat Hans-Joachim Watzke dem Vorwurf aus der Politik widersprochen, dass der Fußball ein großes Problem mit Fangewalt habe. „Ich finde, dass das Fußball-Erlebnis sehr friedlich ist“, sagte Watzke vor Betreten des Sitzungssaals am Münchener Flughafen.

Der langjährige Dortmunder Manager und Aufsichtsratschef der Deutschen Fußball-Liga (DFL) räumte ein, dass es „immer mal Auswüchse gibt, aber das ist in der ganzen Gesellschaft so“.

Watzke findet, dass bei dem Thema überzogen wird. „Man kann das mit dem Oktoberfest vergleichen“, sagte er und meinte, dass die Verletztenzahlen ähnlich seien. „Ich habe gelesen, dass die bayerische Polizei beim Oktoberfest geschrieben hat, es sei ein friedliches, fröhliches Fest gewesen. Und wir treffen uns hier heute unter dem Obertitel „Gewalt im Fußball“. Das passt irgendwie nicht ganz. Man muss versuchen, die richtigen Relationen zu treffen.“

Pyrotechnikverbot in Stadien bleibt bestehen

Nach dem Gipfel steht fest: Vertreter aus der Politik und dem Profifußball halten an einem Verbot von Pyrotechnik in den deutschen Fußballstadien weiter fest. „Wir reden nicht über eine Riesenkatastrophe, aber nichtsdestotrotz ist es einfach gefährlich. Und wir sind der Veranstalter und demzufolge können wir das auch nicht erlauben“, sagte Watzke.

Pyrotechnik habe mit dem eigentlichen Fußballspiel „sehr wenig zu tun“, erklärte Watzke. Der 65-Jährige räumte ein, dass er die Diskussion aber verstehe. Nach den derzeitigen Standards sei es aber nicht möglich, Pyrotechnik zuzulassen. „Da waren sich aber auch alle komplett einig“, sagte Watzke nach dem Treffen.

Fan-Organisation wirft Politik „Unwissenheit“ vor

Die Organisation „Unsere Kurve“ hat auf die Maßnahmen des Sicherheitsgipfels für den Fußball mit einer Mischung aus Kritik und Sarkasmus reagiert. „Wenn Unwissenheit regiert...“, leitete das Fanbündnis seine Stellungnahme nach dem Treffen von Politik und führenden Fußballbossen ein: „Hunderttausende Stadiongänger:innen wundern sich über ein vermeintliches Problem, das gar nicht existiert. Um es vorab klar zu sagen: Es gibt kaum eine sicherere Veranstaltung als ein Profifußballspiel in Deutschland.“

Dies sei durch Statistiken der Polizei belegt. Die Einführung einer zentralen Stadionverbotskommission mit einheitlichen Kriterien für gewalttätige Fans halten die Anhänger für wenig sinnvoll. „Lokale Stadionverbotskommissionen haben sich über mehr als 10 Jahre bewährt“, sagte Sprecher Thomas Kessen: „Im Gegensatz zu den geforderten Repressionen werden hier Wege gefunden, die bei Delinquent:innen tatsächlich zu Verhaltensänderungen und Weiterentwicklungen führen.“

Beim Thema Pyrotechnik müsse die Politik erst mal „auf den nötigen Sachstand“ kommen, bevor man über Details rede. „Pyrotechnik in seiner Grundform ist reine Fankultur, die in einem kleinen Teil des Stadions gefeiert wird und für den Rest des Stadions ein erfreuliches Bild bietet“, sagte Unsere-Kurve-Vorstand Thomas Jost im BR: „Leider gab es in den vergangenen zehn Jahren immer eine Vermischung von Pyrotechnik und Gewalt beziehungsweise dem Einsetzen von Pyrotechnik als Waffe.“ Bestraft worden sei allerdings beides.

Das waren im Vorfeld die wichtigsten Fragen zum Sicherheitsgipfel heute in München:

Was steht an?

Am Freitag treffen sich beim Fußball-Sicherheitsgipfel in München die Spitzen der Politik mit den Bossen der Verbände. Bundesinnenministerin Nancy Faeser und Bayerns Innenminister Joachim Herrmann sind dabei. Sie sprechen mit DFB-Präsident Bernd Neuendorf, dem DFL-Aufsichtsratsvorsitzenden Hans-Joachim Watzke und DFL-Geschäftsführer Marc Lenz. Die Bandbreite der Themen, die von der Politik in den Raum gestellt wurden, ist immens. Es geht um härteres Vorgehen gegen Gewalttäter in den Stadien, den Umgang mit Pyrotechnik, schärfere Kontrollen, eine Ausweitung von Strafen, mögliche Sanktionen gegen die Klubs und nicht zuletzt auch um die Kosten für die Polizeieinsätze.

Wie lauten die Forderungen?

Am weitesten geht Herrmann in seiner Rolle als derzeitiger Vorsitzender der Innenministerkonferenz. So fordert Herrmann, dass Vereine „bei Gewalttätern konsequent Stadionverbote“ aussprechen. Auch über Kollektivstrafen solle geredet werden, genau wie über Schnellgerichte. Gleichzeitig drohte Herrmann Vereinen bei Nachlässigkeit mit Konsequenzen - unter anderem könnte es zur Verhängung von sogenannten „Geisterspielen“ kommen. Personalisierte Tickets hält Herrmann für „sehr erwägenswert“, so würde „mancher potenzielle Täter abgeschreckt“. Als letztes Mittel schloss er auch Spielabbrüche nicht aus. Das Risiko für Verletzungen sei gerade durch Pyrotechnik hoch, Herrmann sprach sogar von „Lebensgefahr“.

Was sagen die Kollegen?

Bremens Innensenator Ulrich Mäurer hat sich für ein verändertes Strafmaß bei Pyro-Vergehen ausgesprochen und bringt einen Punktabzug ins Spiel. Auf diese Weise „träfe man einerseits die Vereine in deutlich empfindlicherer Art und Weise und könnte diese dadurch zu konsequenteren Einlassdurchsuchungen bringen“, führte Mäurer aus. Außerdem stünden die Verursacher im Fanblock „unter deutlich höherem Druck, zum Wohl ihrer Mannschaft keine Verstöße mehr zu begehen“.

Wie sieht es der Fußball?

Der will die Debatte entschärfen. Watzke sind deshalb die Aussagen Herrmanns ein Dorn im Auge: „Dass wir ein Problem haben, lässt sich nicht von der Hand weisen. Aber mir hat die deutliche Rhetorik nicht so gut gefallen“, sagte der DFB-Vizepräsident der Bild-Zeitung: „Das war ein bisschen too much.“

Was planen DFB und DFL?

Die AG Stadionsicherheit hat mehrere Empfehlungen abgegeben. Dabei handelt es sich unter anderem um Metalldetektoren am Einlass, Weitergabe von Videos und Fotos der Polizei an die Klubs, einen verstärkten Dialog mit den Fans und mehr Prävention. Die Zahl der Fanbeauftragten soll erhöht und die Sozialarbeit gestärkt werden. Gleichzeitig soll bei der Bestrafung von Pyrotechnik klarer unterschieden werden. Kollektivstrafen, die vom DFB-Sportgericht seit 2017 nicht mehr verhängt werden, erteilte die AG eine Absage.

Wie groß ist das Problem eigentlich?

Die Sicherheitslage wird durch den Jahresbericht der Zentralen Informationsstelle Sporteinsätze (ZIS) der Polizei abgebildet. Die neusten Zahlen beziehen sich auf die Saison 2022/23. Demnach wurden rund um die Spiele in der Bundesliga, der 2. Liga und der 3. Liga 1176 verletzte Personen registriert. ZIS-Leiter Oliver Strudthoff forderte gegenüber der Sportschau eine konsequentere Anwendung von Stadionverboten. Die unerlaubte Verwendung von Pyrotechnik hat laut DFB 2022/23 „signifikant zugenommen“, auch die ZIS meldet in diesem Bereich einen deutlichen Anstieg und verweist auf die Gefahren.

Was ist mit den Fanorganisationen?

Die fehlen in München - und sind stinksauer. „Wieder einmal wird über und nicht mit den Fans gesprochen“, schreibt Vorstandsmitglied Linda Röttig vom Dachverband der Fanhilfen in einem Brief an Faeser, der bei X veröffentlicht wurde: „Ebenso haben wir die große Befürchtung, dass aufgrund der Zusammensetzung des Treffens ein sehr einseitiges Bild von der aktuellen Situation in und um die Stadien gezeichnet werden wird.“ Die Einlassungen Herrmanns bezeichnete Röttig als „Horrorgeschichten, die nichts mit der Realität zu tun haben“.

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