Trotz drückender Überlegenheit reichte es für Borussia Dortmund, am Mittwoch noch 4:0-Sieger gegen Atletico Madrid, im Heimspiel gegen Hertha BSC nur zu einem 2:2 (1:1). Der BVB bleibt damit auch im 13. Pflichtspiel der Saison ungeschlagen, der Tabellenführer verlor aber zwei Punkte auf den siegreichen Verfolger Bayern München. Diagnose aus Dortmunder Sicht: selbst schuld.
Lucien Favre hatte seine Mannschaft auf drei Positionen verändert. Mahmoud Dahoud, Jadon Sancho und Raphael Guerreiro, Doppeltorschütze gegen Madrid am vergangenen Mittwoch, rückten für den verletzten Thomas Delaney und die auf der Bank sitzenden Christian Pulisic und Jacob Bruun Larsen in die Startformation. Vorn im Sturm ersetzte erneut Mario Götze den verletzten Paco Alcacer.
Doch auch in neuer Besetzung beeindruckte die Dortmunder Offensive in der ersten Halbzeit. Nach vier Minuten beschäftigte Marco Reus die halbe Berliner Deckung inklusive Torhüter und spielte Jadon Sancho frei. Der junge Engländer scheiterte mit seinem Schuss allerdings an Karim Rekik, der in höchster Not für Rune Jarstein rettete. Gegen den Distanzschuss von Achraf Hakimi parierte der Berliner Keeper vorschriftsmäßig (16.). Es war die Phase, in der das Spiel unter dem Eindruck der gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Berliner Ultras und der Polizei stand.
Die Sympathiewerte des Videoschiedsrichters erreichten anschließend in Dortmund kurzzeitig neue Tiefstwerte, weil nicht nur die vermeintliche BVB-Führung zurückgepfiffen wurde, sondern auch ein unter ästhetischen Gesichtspunkten wertvolles Tor: Reus hatte Sancho vor dem Tor bedient und der mit der Hacke einen Treffer erzielt. Reus allerdings stand zuvor minimal im Abseits (18.).
Die Borussia kombinierte sehenswert, schnell, gefährlich. Reus und Hakimi kamen so in rasendem Tempo vor das Hertha-Tor, wo Maximilian Mittelstädt mit etwas Glück den Gegentreffer verhinderte (25.). Doch zwei Minuten später gelang auch ihm dies nicht mehr: Mahmoud Dahouds feiner Pass erreichte Götze, der vom Gegner einigermaßen vereinsamt loszog und zum 1:0 durch Sancho querlegte (27.). Die verdiente Führung.
Allerdings leistete sich Schwarz-Gelb in dieser Partie auch immer wieder kleine Schwächen, die für höchste Gefahr sorgten. So musste Hakimi einen Ballverlust von Hakimi begradigen (10.), ehe der gleiche Hakimi mit Torwart Roman Bürki zusammenprallte und so beinahe Vedad Ibisevic die Chance zum Tor eröffnete (35.). Dahoud war weniger Glück beschieden: Im Anschluss an seinen verheerenden Fehlpass an der Mittelinie konterte Hertha über Mittelstädt – und traf durch Salomon Kalou zum 1:1 (41.). Die ersten Chance der zweiten Halbzeit besaß wieder der Gast – erneut nach einem Dortmunder Abspielfehler: Doch Kalou schoss den Ball volley über das Tor (47.).
Danach allerdings übernahm der Tabellenführer wieder entschlossen das Spielgeschehen. Der Kopfball von Lukasz Piszczek nach einer Ecke geriet noch zu ungenau (51.). Deutlich gefährlicher war der Vorstoß des erneut offensiv überzeugenden (defensiv aber bisweilen sorglosen) Hakimi, der nach Pass von Axel Witsel frei vor dem Berliner Tor auftauchte, den Ball aber ans Außennetz setzte (58.). Das Dortmunder Warten auf die erneute Führung hatte kurze Zeit danach aber ein Ende: Hakimi spielte den Ball von außen Richtung Berliner Tor, Reus verpasste knapp, doch sein Scheitern entpuppte sich als zauberhafte Finte, in deren Folge Jadon Sancho völlig unbehelligt von irgendeinem Berliner zum 2:1 einschieben konnte (61.). In den vergangenen fünf Bundesligaspielen war Sancho damit an acht Treffern direkt beteiligt (vier Treffer und vier Vorlagen). Erstaunliche Werte für einen 18-Jährigen.
Berlin hatte auf den erneuten Rückstand kaum eine Antwort, sondern sah sich viel eher weiter in die Defensive gezwungen. Fabian Lustenberger musste einen Reus-Schuss am Fünfmeterraum entschärfen (75.). Und das Verzweiflungsrisiko auf den schwarz-gelben Tribünen wuchs noch: Guerreiro lief nach Vorlage von Dahoud frei auf Jarstein zu, scheiterte aber am Hertha-Keeper (78.). Und auch der eingewechselte Jacob Bruun Larsen schoss nach Reus-Querpass sträflich vorbei (86.). Diese Versäumnisse sollten sich rächen: Erst musste Bürki gegen einen Kopfball von Selke parieren (88.), dann ließ der Dortmunder Torwart einen Ball fallen, das sichere Gegentor verhinderte Abdou Diallo mit dem Kopf (89.). Doch nur Sekunden später verlor Dan-Axel Zagadou den eigentlich schon gewonnen Zweikampf gegen Selke im Strafraum. Der Dortmunder Verteidiger packte zu, zog – und wurde bestraft. Den fälligen Elfmeter verwandelte Kalou zum 2:2.
Autor: Daniel Berg