Rudi Assauer war gar nicht da, aber dennoch drehte sich bei der Jahreshauptversammlung des Fußball-Bundesligisten Schalke 04 alles um den Ex-Manager. Für Weltmeister Olaf Thon, der mit dem Aufsichtsrat gegen `Mister Schalke´ gestimmt und so dessen Rücktritt forciert hatte, gab es gellende Pfiffe.
Assauers Nachfolger Andreas Müller, der sich bei seinem Mentor für die `riesengroße Chance´ bedankte und das Ziel deutsche Meisterschaft ausgab, bekam dagegen tosenden Beifall. Sechs Wochen nach seinem Rücktritt verzichtete Assauer auf die zuvor angekündigten `offenen Worte´ vor rund 2200 Mitgliedern in der Schalker Veltins-Arena, der 62-Jährige war zu Hause geblieben. Dafür redeten die anderen über ihn. `Das gegenseitige Vertrauen war abhanden gekommen´, erklärte Aufsichtsratschef Clemens Tönnies, wollte sich aber trotz zahlreicher Nachfragen nicht konkreter zu den Hintergründen der Entscheidung äußern.
Über angebliche Alkoholprobleme Assauers, immer wieder als Grund für den Konflikt kolportiert, habe er nie gesprochen, betonte der Fleischfabrikant: `Ich habe mich immer vor Rudi gestellt.´ Auch eigenmächtige Entscheidungen des einstigen Machers habe es nicht gegeben. Besonders hart ins Gericht gingen die Mitglieder mit Ex-Nationalspieler Thon, den schon Assauer nach seinem Rücktritt verbal attackiert hatte. `Du bist in meiner Gunst ganz unten durch´, sagte ein Mitglied, der dem ehemaligen Nationalspieler Ambitionen auf den Präsidentenposten unterstellte: `Meine Tränen bei deinem Abschiedsspiel bereue ich heute.´
Thon bestritt, jemals derartige Ambitionen geäußert zu haben, und meinte: `Auf so einen Fan kann ich verzichten.´ Gellende Pfiffe, laute Buhrufe und Sprechchöre `Wir sind Schalker und du nicht´ waren die Antwort. Erst als Thon sich entschuldigte, glätteten sich die Wogen. `Wir haben Olaf ganz viel zu verdanken´, merkte ein anderes Mitglied an und erntete Beifall. Den größten Applaus indes bekam Müller. `Ich habe Rudi alles zu verdanken´, sagte der Ex-Profi, der von Assauer als dessen Nachfolger aufgebaut worden war. In seiner sportlichen Bilanz bemängelte er die `zu geringe Teamorientierung der Mannschaft´, die ihr Potenzial nicht ausgeschöpft und nicht immer die nötige Identifikation mit dem Klub gezeigt habe. Den Nerv der Mitglieder traf Müller dann genau, als er die sportliche Zielsetzung formulierte. `Mein persönliches Endziel ist, dass wir deutscher Meister werden´, sagte der neue Manager und fügte unter tosendem Beifall an: `Wenn die Mannschaft endlich ein Team ist, werden wir das Ziel erreichen und endlich diese verdammte Schale hier haben.´
Angesichts der Diskussionen über den Assauer-Rücktritt wurde die Finanzsituation des Traditionsklubs eher zu einem Randthema. Auf 120,4 Millionen Euro bezifferte Vizepräsident Josef Schnusenberg die Verbindlichkeiten. Für die nächste Saison sei für den Profikader ein Etat von 38 Millionen Euro kalkuliert. Die Vorgabe des Aufsichtsrates, zwei Millionen Euro einzusparen, sei durch die Transfers von Mimoun Azaouagh (auf Leihbasis zurück zum FSV Mainz 05) und Christofer Heimeroth (zu Borussia Mönchengladbach) bereits erfüllt. In den Aufsichtsrat wurde Rechtsanwalt Jens Bucha neu gewählt, Peter Lange und Carl Albrecht Schade wurden in ihren Ämtern bestätigt. Vorsitzender des Gremium bleibt Tönnies. Und als um 0.15 Uhr einträchtig das Vereinslied `Blau und Weiß´ angestimmt wurde, hatten sich auch alle wieder lieb.