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Umfrage: Was machen Revier-Klubs gegen Rechtsradikale?
Breite Front gegen Neonazis

Umfrage: Was machen Revier-Klubs gegen Rechtsradikale?
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Der Auftritt von sechs Bremer Neonazis im Bochumer rewirpowerSTADION beschäftigt auch in dieser Woche noch die Schlagzeilen in Fußball-Deutschland. Werder Bremen will gegen acht polizeilich ermittelte Personen ein Stadionverbot für das heimische Weser-Stadion aussprechen.

Die vermeintlichen Anhänger mit rechtsradikalem Hintergrund hatten in der Partie beim VfL Bochum am vergangenen Samstag (0:0) für Ausschreitungen in der eigenen Fankurve gesorgt. Auch der VfL strebt diesen Schritt an und will gemeinsam mit dem DFB prüfen, ob das Verbot auf das gesamte Bundesgebiet ausgeweitet werden kann.

"Solche Stadionbesucher brauchen wir nicht. Wir nehmen diesen Vorfall sehr ernst und werden wie bisher alles in unserer Macht stehende umsetzen, um solche Szenen zu verhindern", hieß es in einer Mitteilung der Werder-Geschäftsführung, die die Reaktion jener Bremer Fans lobte, die sich lautstark gegen die Krawallmacher zur Wehr gesetzt hatten.

RevierSport hat bei den Vereinen in der Region und ihren Fanorganisationen nachgefragt, welche Maßnahmen man im Kampf gegen Ewiggestrige ergreifen will.

VfL Bochum Der VfL ist ein weltoffener und toleranter Verein! Das dokumentieren wir nicht nur mit unserem Leitbild, sondern auch durch die vielfältigen Aktionen die wir in unserer Kampagne „Dafür! Dagegen!“ gebündelt haben. Ob Informationsveranstaltungen, Aktionen mit dem Fanprojekt Bochum oder Podiumsdiskussionen mit Außenminister Frank-Walter Steinmeier – wir wollen sowohl präventiv auftreten, damit rechtes Gedankengut erst gar nicht beim VfL auftaucht, als auch jedem Radikalen, der sich hier breit zu machen versucht, deutlich machen, dass er beim VfL an der falschen Adresse ist. Dirk Michalowski, Fanbeauftragter

FC Schalke 04 1992 gründete sich die "Fan-Initiative "Schalker gegen Rassismus" als erste Organisation im deutschen Fußball, die eine aktive Rolle gegen Diskriminierung in den Stadien einnahm und einforderte. 1994 nahm Schalke 04 1994 als erster Bundesligaverein einen Antirassismus-Paragraphen in der Vereinssatzung auf und erklärte ein Stadionverboten für Mitglieder rechtsextremistischer Parteien.

Bodo Berg. Gründungsmitglied der Ini und seit 2002 Leiter des Projekts "dem Ball is' egal, wer ihn tritt", bewertet die Vorfälle in Bochum mit gemischten Gefühlen. "Als wir vor 18 Jahren mit unserem Transparent gegen Rassismus vor die Nordkurve gegangen sind, schallte uns 'Scheiß BVB' entgegen. Heute rufen die Fans 'Nazis raus'. Daher ist die Reaktion der Fans auf das Banner der Neonazis in Bochum ein positives Zeichen und eine Entwicklung, die wir so gewollt haben", meint der Sozialarbeiter. "Die Rote-Karten-Aktion, die in den vergangenen Jahren mehrfach in der Bundesliga durchgeführt worden sind, tragen ebenfalls dazu bei, dass das Thema Rassismus in den Stadien immer wieder ins Bewusstsein der Öffentlichkeit gerufen wird. Der Fußball ist ein Brennglas auf die Gesellschaft, nirgendwo sonst erreicht man so viel Aufmerksamkeit wie dort. Das weiß allerdings auch das rechte Klientel und macht sich dies zu Nutze", betont Berg.

Unter dem Motto "Patenschaft, die Taten schafft" vernetzen sich die Profivereine Schalke 04, MSV Duisburg, 1. FC Köln und Alemannia Aachen mit ausgewählte Klubs in der Nachbarschaft, darunter Westfalia Herne und Fortuna Köln. Schalkes Pate ist der Gelsenkirchener A-Kreisligist TuS Rotthausen, wo "Dem Ball egal" am 10. Dezember zu Gast ist.

Borussia Dortmund Es ist klar, dass der Impuls immer aus der Fanszene selbst kommen muss. Aufgesetzte Aktionen bringen nichts. Es muss in der Szene der Wille da sein, etwas gegen rechts zu unternehmen. Und wir sind im Grunde dazu da, diesen Willen anzuschieben. Das funktioniert über verschiedene Wege. Wichtig ist es beispielsweise, den Ordnungsdienst so zu schulen und fit zu machen, dass er rechtsradikale Symboliken erkennt und dem Versteckspiel der rechten Szene entgegenwirkt. Nahezu jede Szene sagt ganz gerne von sich, unpolitisch zu sein. Das ist natürlich Quatsch, man ist nur darum bemüht, keinen zusätzlichen Konfliktherd zu schaffen. In der Regel erkennen Fans aber, dass man sich dagegen wehren muss.

Ich denke auch, dass in einem demokratischen Prozess automatisch Zivilcourage entsteht. Es ist aber auch so, dass Rechtsradikalismus nicht ausschließlich ein Problem von Fußballvereinen ist, sondern generell ein gesellschaftliches. Die heutigen Neo-Nazis sind für viele kaum noch als solche zu erkennen, weil sie sich an den aktuellen Lifestyle angepasst haben. Rechte Autonome sind da nur ein Beispiel. Insofern war der Bremen Fall vom Wochenende auch etwas Besonderes. Die Fahne, die dort gehisst wurde, war nämlich nicht auf den ersten Blick als Nazi-Fahne zu erkennen. Für die meisten Zuschauer im Stadion wäre es wohl schwer gewesen, sie als solche zu enttarnen. Man konnte an diesem Beispiel gut erkennen, wie sich die Szene idealerweise selbst reguliert, denn das war wirklich vorbildlich, was dort passiert ist. Der Vorfall hat aber auch gezeigt, dass man, gerade in unserer Funktion, den Zeitgeist nicht verpassen darf. Es ist ungemein wichtig, dass man sich regelmäßig mit Jugendlichen austauscht und sich über das Thema informiert. Sebastian Walleit, Fanbeauftragter

MSV Duisburg Wir machen nicht viel verkehrt, denn wir haben keinerlei schlechte Erfahrungen in unserem Stadion gemacht. Ich bin jetzt seit 2000 für diesen Bereich verantwortlich und habe noch keine Probleme mit Nazis erlebt. Ich versuche aber auch, mit Gesprächen vor Ort, die Fans zu sensibilisieren. Und wir mussten ja im Gegensatz zu vielen anderen Vereinen auch noch kaum Beschränkungen, wie beispielsweise bei bestimmten Kleidungsstücken, vornehmen. Da ich auch noch nichts von etwaigen Vorkommnissen gehört habe, scheinen die Fans direkt darauf Einfluss darauf zu nehmen und mögliche fremdenfeindlichen Sprüche zu unterbinden. Bei uns wird die Politik richtigerweise aus dem Stadion ferngehalten, denn dann könnte man auch direkt zu einer Partei gehen. Für mich ist es wichtig, dass wir auf die Leute zugehen und mit den Anhängern reden.“ Dirk Lechtenberg, Fanbeauftragter

RW Essen Claudia Wilhelm, die mit Roland Sauskat das Essener AWOFanprojekt leitet, weilte unter der Woche bei der Bundeskonferenz der Fanprojekte in Mainz. „Wir hatten diese Art von Problemen vor knapp zehn Jahren, mittlerweile hat auch ein erfolgreicher Umdenkungsprozess in der Fanszene von Rot-Weiss Essen stattgefunden“, sagt die Streetworkerin. Das könnte man auch einen bemerkenswerten Selbstreinigungsprozess nennen.

Wilhelm: „Es gab eine Vielzahl von Aktionen, die auch sehr positive Auswirkungen hatten.“ Durch den Verein selbst oder den DFB. Wilhelm: „Wenn sich bei uns derartige unakzeptable Gruppen im Stadion Gehör verschaffen wollen, werden sie auch ausgepfiffen.“ Auch wenn Wilhelm nicht verschweigt, dass es immer noch „ein paar Altglatzen“ gibt. Was für sie wichtig ist: „Ein Sieg Heil hört man bei Gesängen bei uns nicht mehr.“ Was schlimme wirtschaftliche Folgen haben könnte. Der große Partner im Sponsorboot hat sich in Verträgen festschreiben lassen, dass Nazi-Tendenzen im Stadion auch zum Rückzug des Unternehmens führen können.

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