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Bottrops braver Boxer: Das kurze Leben des Dieter Renz
135 Siege und kein K.o.

Bottrops braver Boxer: Das kurze Leben des Dieter Renz
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Selten ist ein Name so bekannt, die Person aber fast gar nicht. Wer in Bottrop nach Dieter Renz fragt, dessen Name die größte Halle der Stadt trägt, erntet oft ein Schulterzucken; nur die wenigsten wissen noch etwas über den Mann zu erzählen oder wenigstens, was er geleistet hat.

Dieter Renz war ein Amateurboxer mit Erfolgen in den 60er Jahren, der am Montag (3. März) seinen 65. Geburtstag hätte. Doch den erlebt er nicht mehr, denn Renz ist bereits 1969 tödlich verunglückt. Ein Jahr davor hatte er in Hannover seinen größten Fight: Im Rahmen eines Länderkampfes zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den USA begegnete er im August 1968 George Foreman und siegte durch Disqualifikation.

„Dieter hätte den Kampf auch nach Punkten gewonnen“, ist sich Freddy Bonk sicher, ein Klubkollege von Renz damals bei den Boxfreunden Bottrop. „Ein großartiger Kampf von Dieter!“, erinnert sich auch Peter Hussing, einst der größte Gegner des Bottropers in Deutschland.

Gerade der Sieg über den späteren Olympiasieger Foreman begründete Dieter Renz' große Bedeutung für Bottrop, lange war er der einzige Olympiateilnehmer der Stadt. Doch was noch mehr für ihn spricht als seine sportliche Klasse, ist seine freundliche Art, von der alle Zeitzeugen berichten. Immer wieder fällt dabei dieser eine Satz: „Wenn man ihm gegenüberstand, vermutete man nicht, dass er Boxer ist.“ Neben anderen formulierte das Dieter Wemhöner, der damalige Bundestrainer, der außerdem meinte: „Dieter war ein freundlicher, ausgeglichener und hilfsbereiter Mensch.“

Konkurrent Hussing sagt: „Ich habe von ihm nie ein böses Wort gehört, nicht einmal einen leisen Fluch oder so etwas, das fast jeder gebraucht. Dieter war ein Mensch, den gibt es nur einmal!“ Auch Hans Mazurek, ein weiterer Vereinskollege von früher, fand ihn "ruhig und sachlich. Er war ja nicht verschlossen, nur war er ein wenig stiller. Wir anderen dagegen waren so richtige Rabauken."

Großer Empfang für Dieter Renz nach dem Gewinn der Deutschen Meisterschaft.

Der Vorsitzende der Boxfreunde, Eduard Schwabe, hat eine besonders nette Geschichte von früher parat. „Einmal hatten wir einen Kampf in Essen“, berichtet Schwabe. „Da ist der Dieter mit seinem Fahrrad nach Hause gefahren um ein zweites Paar Boxschuhe für seinen Gegner zu holen, der keine eigenen hatte.“

Das war beim Wiegen aufgefallen und weil es ein Mannschaftskampf war, blieb dafür noch genug Zeit, denn die Schwergewichte mussten nach den übrigen Gewichtsklassen immer als letzte in den Ring. „Die richtige Ausrüstung war damals für die Amateure bei weitem noch nicht selbstverständlich und Renz profitierte von seiner Mitgliedschaft in der Nationalstaffel, durch die er mehrere Paar Stiefel besaß“, erzählt Schwabe.

162 Kämpfe absolvierte Renz in seiner Karriere (135 Siege, 14 Unentschieden, 13 Niederlagen), noch imponierender war seine Lebenseinstellung. Hussing: „Er war gleich bleibend gut gelaunt und hat nie ein mieses Gesicht gemacht.“ Seine sympathische Art legte Renz nicht einmal in seinen Kämpfen ab. Hussing, nach Renz 15-mal nacheinander Deutscher Meister, lobt seinen ersten Gegner noch heute: „Dieter war total fair, hat nie mit Haken und Ösen gekämpft.“ Dabei sei er kaum zu treffen gewesen, berichtet Hussing: „Ein Gummimensch, die Füße immer vorne und den Oberkörper dahinter.“

Dieter Renz verunglückte 1969 bei einer Bergwanderung tödlich.

Eine Profikarriere zog er aber nie in Erwägung. Dazu war er auch weder groß noch schwer genug. In den sechziger Jahren gab es noch nicht so viele Gewichtsklassen wie heute, und mit seinen kaum mehr als 80 Kilogramm wog er zehn bis zwanzig Kilo weniger als die meisten Widersacher im Schwergewicht, war zudem mit 1,82 Metern meist auch einen Kopf kleiner. Und an einer weiteren Voraussetzung für einen Profi mangelte es Renz, was aber durchaus auch sein Gutes hatte. „Dieter fehlte der Killerinstinkt“, analysiert Freddy Bonk. „Sein Ziel war es den Gegner technisch zu besiegen und nicht ihn niederzustrecken.“ Nicht einmal siegte Renz durch K.o.!

Dabei war er aber nie zimperlich und imponierte durch seine Zähigkeit. 1965 gewann er in der Frankfurter Jahrhunderthalle bei einem Länderkampf des Niederrheins gegen Hessen seinen Fight trotz eines Kieferbruches. Hans Mazurek imponierte besonders der Trainingseifer von Renz: „Er hat die Hälfte mehr gemacht als wir, und wir waren ja auch nicht faul.“ Selbst beim Spazieren sei er immer schneller gewesen. Mazurek: „Er hat das wohl auch noch als Training aufgefasst.“

Renz, Jahrgang 1943 und Schlosser von Beruf, stammte aus einer Arbeiterfamilie, die aber keine glückliche Geschichte hat, denn wie er verunglückte sein Bruder ebenfalls in den sechziger Jahren als Obersteiger auf einer Zeche tödlich. Renz’ erster Boxklub war der BSK 53, wo er anfangs kaum Gegner fand. „Mit seinen 13 Jahren war er schon recht kräftig und wog rund 70 Kilo“, erinnert sich Bonk. Dreimal wurde Renz 1965, 1967 und 1968 Deutscher Meister der Amateure im Schwergewicht. 1968 war das größte Jahr des braven Boxers, als er neben dem Kampf gegen Foreman noch die Teilnahme an den olympischen Kämpfen feierte. Renz unterlag in Mexiko allerdings schon im Achtelfinale dem Italiener Giorgio Bambini klar nach Punkten. Der wiederum scheiterte dann im Halbfinale an dem späteren Olympiasieger Foreman.

Genau ein Jahr nach seinem Sieg gegen Foreman, am 16. August 1969, starb Renz. Bei einer Bergwanderung in den Schweizer Alpen wollte Renz neue Schuhe einlaufen und war mit einer kleinen Gruppe unterwegs. Er rutschte aus und rollte sich auf einer steilen Wiese noch ab, was den anderen gar nicht so gefährlich schien, denn die Schlucht hinter der Wiese war nicht zu sehen. So aber stürzte Renz in die Tiefe, die Zeitschrift „Box-Sport“ trauerte in ihrer Ausgabe vom 19. August mit einem Foto von der Beerdigung im Regen auf der Titelseite und der Textzeile: „Der deutsche Boxsport verlor durch ein tragisches Geschick einen seiner besten und treuesten Kämpfer.“

Die 1971 erbaute Sporthalle trägt den Namen der Bottroper Box-Legende. „Es ist schon einmalig in Deutschland, dass eine so wichtige Halle nach einem Amateurboxer benannt ist“, betont stolz Boxfreunde-Vorstand Eduard Schwabe. Doch selbst das Gebäude hat keine ganz glückliche Geschichte: 1988 musste die Dachkonstruktion erneuert werden, am 6. März 1996 zerstörte ein Brand die ganze Dieter-Renz-Halle. Aber schon zwei Jahre später war sie wieder aufgebaut.

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